Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

T6S 
v oUen. Sie haben kein Recht zu verlangen, daß der Vater feine | für 
Umber gerade nach Ihrem pädagogischen System erziehen lasse; 
rine Herren, das ist der gewaltsamste Schritt, zu dem Sie sich 
\ Eigen könnten. Ich will, daß dem Ungläubigen gestattet sei, 
|tinc Rinder im Unglauben zu erziehen; es mutz aber auch dem 
l.engsten Katholiken gestattet sein, seine Rinder katholisch zu er- 
zchen. wenn Sie diesen weg nicht einschlagen, so werden Sie nie 
> e wahre Einheit schassen. Sie werden die Einheit Deutschlands im 
rinzip unmöglich machen. Deshalb, meine Herren, müssen Sie 
d >s Recht der Entscheidung, nach welchem pädagogischen System die 
l.mder erzogen werden sollen, sich hier nicht vindizieren. Sie müssen 
o.)n der einen Seite die Rechte des Staates vollkommen wahren. 
,f der anderen Seite aber den Eltern es möglich machen, nach 
. >rer heiligsten Überzeugung die Rinder erziehen zu lassen, und das 
l nneit Sie, wie mir scheint, auf ganz leichtem Wege. Erstens 
: .üflen Sie volle Lehr- und Lernfreiheit anerkennen, (bewähren Sie 
» ieje, dann haben Sie dadurch jedem wohlhabenden es möglich 
macht, für seine Rinder diejenige Unteriichtsanstalt aufzusuchen, 
hen Lehrer für sich zu gewinnen, der nach seiner Ansicht nach seinem 
Gewissen die Rinder am besten erziehen wird. Ruch dem Staate 
eüührt aber hier sein Recht. Er mag auch eine bestimmte Stufe 
ormaler Geistesbildung von jedem Staatsbürger fordern und die 
ältern, Ungehörigen anhalten, diese Stufe der Bildung den Rindern zu 
gewähren. Darüber hinaus hat der Staat kein Recht; er hat kein Recht, 
von vornherein die Richtung anzugeben, worin der Vater seine Rinder 
erziehen lassen soll, dos wäre Tyrannei, das wäre der schmachvollste 
Absolutismus; durch Lehr- und Lernfreiheit aber haben Sie erst dem 
wohlhabenden das Recht an der Erziehung seiner Rinder gesichert; 
nicht aber dem Mittelstände und dem Armen, der nicht so viel ver. 
indgen hat, um besondere Lehrer seinen Rindern zu verschaffen oder 
ie nach fernen Rnstalten zu schicken. Gerade der Mittelstand aber, 
oer ärmere Bürger- und Bauernstand, ist insbesondere von diesem 
! recht an seinen Rindern durchdrungen; er will auch diese Rechte 
geltend machen, und er wird das Recht, über religiöse Erziehung 
oer Rinder zu entscheiden, nie der Nationalversammlung zugestehen; 
c will cs selbst üben. wollen Sie aber auch den Minderbemittelten 
öle Nus Übung dieses Rechts gewähren, so müssen Sie die Volks 
.chulen in die Hände der Gemeinden legen. In diesen finden sich 
nicht die grellen Gegensätze, wenigstens nicht in der Regel, die man 
im ganzen Staate vorfindet. So viel Annäherung in der Gesinnung 
überhaupt möglich ist. findet man sie in der Gemeinde. Die Ma. 
jorität der Familienväter in der Gemeinde mag dann entscheiden, 
in welchem Sinne sie die Gemeindeschulen einrichten will. Will sie 
dann die Schule von der Rirche trennen, so hat sie das Recht dazu, 
niemand wird sie daran hindern können; will sie dagegen die 
Schule mit der Rirche verbinden, z. B. eine katholische Gemeinde, 
die es nicht bloß dem Namen nach, sondern der Sache nach ist, gut. 
so tue sie es, sie übt da nichts anderes als das Recht, das sie in 
Anspruch nehmen muß über die Erziehung ihrer Rinder. Das scheint 
mir der einzige Ausweg, der uns übrig bleibt. Der Staat hat 
dann der Volksschule gegenüber auch das Recht, seine Intercffen zu 
wahren, er kann die Gemeinde anhalten, die erforderliche Zahl von 
Volksschulen herzustellen; er kann auch für die Volksschulen einen 
bestimmten Grad formaler Geistesbildung in Anspruch nehmen; aber 
das Verhältnis der Schule zur Rirche, der Stoff, der zum Unterricht 
gebraucht wird, geht ihn nichts an. So muh also die Berufung 
der Lehrer ein für allemal in die Hand der Gemeinde gelegt werden, 
rind sie allein hat das Recht, zu entscheiden - die Gemeinde sage 
ich, nicht die Rirche - sie entscheidet, in welches Verhältnis sie ihre 
schule zur Rirche fetzen will, und will sie diese Verbindung, dann 
hat sie dasselbe Recht, die Schule mit der Rirche zu verbinden, wie 
andere Gemeinden das Recht haben, sie von der Rirche zu trennen. 
Wir verlangen eine Verfassung, wo jeder sich frei entwickeln kann, 
jeder nach seinem Glauben und seiner eigenen Überzeugung. Ge 
währen Sie uns das, und nichts wird vermögen, die Ratholiken 
vom Reiche loszureißen. Dann werden sie erstehen wie ein Mann 
bei allen Gefahren, für die Erhebung, die Einheit und dir Rrast 
Deutschlands. 
Erfahrungen an der weltlichen Schule. 
Die Germania schreibt dazu u. a.: 
Eine Unzahl Lehrer und Lehrerinnen, die sich vor zwei Jahren 
die Hagener weltliche Schule zur Verfügung gestellt hatten, 
beantragten, angeekelt durch ihre trüben Erfahrungen an dieser 
Schule, ihre Rückversetzung an konfessionelle Schulen. In der Stadt 
verordnetenversammlung , in der diese Vorkommniffe besprochen, 
wurden, wurden zwei Briefe an die Schuldeputation von Lehr 
kräften. von denen eine zugleich sozialdemokratische Stadtoerordnett. 
ist, verlesen. In einem dieser Briefe heißt es wörtlich: „wenn ich 
damals geglaubt haüe, durch meine Mitarbeit an der bekenntnir« 
freien Schule den Fortschritt zu fördern, so mußte ich bald einsehen, 
daß mein Ideal von der Schule demjenigen der Ellern gegenüber« 
stand, wie das Feuer dem Wasser. wahrend für mich ein wejent« 
iicher Faktor dieser Schule die Erziehung zur Duldsamkeit und zu? 
Gemeinschaft ist, verlangt ein großer Teil der Eltern eine Erziehung 
zum Haß und Rlaffenkampf." Die andere Lehrerin schrieb an drtz 
Schuloeputation das folgende: „Ein großer Teil unserer Eltern 
wünscht eine politisch einseitig gerichtete, atheistische proletarierschule, 
die den Rlaffenkampf lehrt, und zwar in der radikalsten Form. 
Diese Ausführungen zeigen mit aller Deutlichkeit, daß die weltliche 
Schule nicht nur eine proletarierschule, sondern eine Rlassenkamp? 
schule erster Ordnung geworden ist . . ." In der Begründung des 
Versetzungsgesuches eines Rektors einer solchen Sammelschule erwähnt 
er, daß eine Elternversammlung das Verlangen seiner Entfernung 
mit folgenden vorwürfen begründet habe: 
1. weil er nicht aus der Landeskirche ausgetreten fei; 
2. weil er im Unterricht noch mit dem Gottesbegriff operiere; 
3. weil er es ablehne, ein politisches Bekenntnis abzulegen; 
4. weil er auf Ausflügen usw. Rränze und Schleifen in politischen 
Rampffarben untersagt habe; . 
5. weil er das Singen politischer Rampflieder in der Schule un» 
auf Ausflügen untersagt habe; 
6. weil er sich von den Rindern nicht die Anrede Genosie habt 
gefallen lassen; 
7. weil er in Ronferenzen und auch sonst den Grundsatz vertritt« 
Politik gehöre nicht in die Schule; w . 
8. weil er aus all diesen Gründen der größte Reaktionär i* 
der Schule ist." 
Aus der Zeit. 
Ungleichung der veamtenbezüge an die Friedensverha^mhe. 
Es ist eine Neuregelung der Beamtengehalter erfolgt, nach der voM 
I. Juni ab b0% der Friedensbezüge gezahlt werden. 
A. Grundgehälter (in Goldmarl jährlich). 
Bes. Gr. 
1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 
1068 
1176 
1284 
1496 
1728 
228« 
3120 
1 
804 
840 
864 
900 
936 
972 
1008 
1032 
II 
876 
912 
948 
984 
1032 
1068 
1104 
1140 
III 
960 
996 
1044 
1080 
1128 
1164 
1212 
12)8 
IV 
1104 
1152 
1200 
1243 
1296 
1332 
1380 
1428 
V 
1296 
1356 
1404 
1464 
1512 
.1572 
1620 
1680 
VI 
1596 
1680 
1764 
1860 
1944 
2628 
2112 
2196 
VJI 
2100 
2220 
2340 
2460 
2640 
2760 
2880 
3000 
VIII 
2400 
2580 
2760 
2940 
3060 
3240 
3420 
3600 
IX 
2820 
3000 
3180 
3360 
3540 
3720 
3900 
4140 
X 
3600 
3900 
4140 
438) 
4620 
4860 
5100 
5400 
XI 
4200 
4500 
4800 
5100 
5400 
5700 
6000 
6300 
XU 
4860 
5220 
5580 
5940 
6360 
6780 
7200 
XIll 
6300 
7200 
8100 
8700 
9600 
Linzelgehälter. 
B 
1: 10 500; 2; 
12 000 ; 3: 
13 500; 
4: 14 400; 5 
18 000; 
6: 27 000; 7:30 000. 
B, Ortsllaffenzuschlag. 
Der (vrtsklassenzuschlag soll in seiner seitherigen Höhe und den ^usch^g, 
gruppen bestehen bleiben. Von folgenden Sätzen sollen wie bisher nur »u /o 
gezahlt werden. ^ 
über 
12000 
(Orts 
klasse bis 948 Jt 
von 
von 
von 
von 
von 
948 Jt 
1284 Jt 
2340 Jt 
4140 Jt 
7200 Jt 
bis 
bis 
bis 
bis 
bis 
1284 .. 
2340 „ 
4140 „ 
7200 „ 
12000 „ 
VI 
V 
IV 
111 
11 
390 „ 
540 . 
720 „ 
960 . 
1260 „ 
312 „ 
432 „ 
570 „ 
780 „ 
1020 „ 
258 . 
360 . 
480 „ 
630 . 
840 „ 
210 „ 
288 „ 
390 . 
510 .. 
660 „ 
156 „ 
216 „ 
300 . 
390 . 
510 „
	        
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