Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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a) Die Lehrer der sachwisfenschaftlichen Fächer. 
1. Dazu waren vor allem Persönlichkeiten zu berufen, welche 
cine neunklassige höhere Schule und beide Abschnitte der Lehramts 
prüfung hinter sich haben. Sie müssen außerdem eine praktische 
und theoretische Probezeit von einem Jahr in Volksschulwesen und 
-unterricht durchmachen, damit sie Verständnis für die Lehraufgaben 
ihrer Anstalt und Fühlung mit der Volksschule bekommen. Für die 
tangere Ausbildung mutz durch höhere Eehaltseinstufung Er,atz ge 
leistet werden. 
2. Andererseits wird auch solchen, die die neue Bildungsansta't 
(Akademie) hinter sich haben, die Möglichkeit offen bleiben, sach- 
w.ssenschafüiche Lehrerbildner zu werden. Die Anforderungen müssen 
|ein; Ableistung der Berufsschule nebst Akademie, Ablegung beider 
Abschnitte der Lehramtsprüfung, auch des zweiten, damit sie das 
Wesen des höheren Unterrichts Ken, en lernen. Die Fühlung mit 
.er Volksschule wird dadurch hinreichend gewährleistet, daß sie Berufs 
schule samt Akademie durchmachen. Die besondere Probezeit derer 
unter a l kann darum entfallen. 
b) Die Lehrer der Erziehungswissenschaften und Philosophie. 
Diese müssen wie bisher aus der prax.s kommen, sie müssen 
.ängere, gründliche praktische Erfahrung aus Stadt- und Land-, ein 
.urd mehrklassigen sowie Fortbildungsschulen haben. AIs Ausbildung 
wäre zu fordern: Durchlaufen der Berufsschule nebst Akademie, 
dann einige Jahre volksschuldienst in verschiedenen Stellungen, dann 
drei Jahre Unioersitätsftudtum (Pädagogik und Philosophie). Studium 
einer Sachwissenschaft zu verlangen, wäre unzweckmäßig. Denn ein 
gründliches Studium des Philosophie in ihren wichtigsten Zweigen, 
dazu Erziehungswissenschaft mit sämtlichen Hilfswissenschaften gibt 
drei Jahre hindurch vollauf zu tun. Ls muß auch an der Anstalt 
der Zukunft ein Fachlehrersystem durchgeführt werden, da nur so 
ein höheres Niveau des Unterrichts erreicht wird. Außerdem darf 
der pädagogische Lehrerbildner n cht länger wie nötig auf der Uni 
versität festgehalten werden, werl er sonst infolge der geforderten 
vorksschulpraxts gegenüber der sachwisfenschaftlichen Gruppe der Lehrer 
bildner zeitlich zu sehr in Nachteil käme. 
HI. Der Übergang. 
Dieser Idealzustand kann nicht sofort erreicht werden. Um den 
geschichtlichen Zusammenhang zu wahren, insbesondere um dem 
künftigen Lehrerkollegium den rechten volksschullehrergeift einzu 
hauchen, d. h. ihm das lebendige Inter, sie für die richtige Ein 
stellung auf Volksjchulwesen und -unterricht zu geben, empfiehlt sich 
ein Übergang. Ihn gebietet die Rücksicht auf diejenigen, welche sich 
bereits für die Laufbahn des Lehrerbildners entschlossen und dafür 
Opfer gebracht haben. Ich denke mir ihn folgendermaßen: 
a) Die Lehrer der sachwisfenschaftlichen Fächer. 
Aus den zurzeit vorhandenen akademisch gebildeten Lehrerbildnern 
werden diejenigen übernommen, die sich für wisienschaftlichen Unter 
richt eignen, man gebe ihnen nach Möglichkeit Gelegenheit, noch 
ein Jahr Sachwissenschaften zu studieren. 
Diese Art von Lehrerbildnern würde, je länger sich der neue 
Anstaltstypus (Berufsschule samt Akademie) einlebt, langsam von 
selbst aussterben, weil allmählich an ihre Stelle der Lehrerbildner- 
lypus nach Ha einrückt. Aber ihr Einfluß im Kollegium verbürgt 
Überleitung der guten Überlieferung der alten Lehrerbildungsanstalt 
in die neue. 
b) Die Lehrer der Erziehungswissenschaften und Philosophie. 
Auch hier übernehme man aus den vorhandenen akademischen 
gebildeten Lehrerbildnern die geeigneten, man gebe auch ihnen tun 
lichst die Gelegenheit, noch ein Jahr Erziehungswissenschaften und 
Philv!ophie zu studieren. Auch diese Art Lehrerbildner wird langsam 
von selbst aussterben, vgl. oben unter a. Sic wird ersetzt durch den 
Typus 11b. 
IV. Der versuch. 
Es empfiehlt sich, zunächst ein bis zwei Lehrerbildungsanstalten 
der neuen Art (die eine jedenfalls in Nürnberg) einzurichten, um 
Erfahrungen zu sammeln. Die Übergangszeit berechtigt natürlich 
noch nicht zu einem abschließenden Urteil, aber sie wird erkennen 
lassen» welche innere Kraft dem neuen Typus der Lehrerbildungsanstalt 
rnnewohnt, und wird ermöglichen, ihm die erforderliche Richtung zu 
geben. Auf die Zusammensetzung des Lehrerkollegiums kommt dabei 
alles an. Da der Lehrerbildner der Zukunft wisienschaftlich gründ 
licher und tiefer ausgebildet sein wird als der der Gegenwart, dq 
seine Ausbildung länger dauern mutz, so ist nötig, daß nicht nur 
im Gehalt, sondern auch im Titel und Rang darauf Rücksicht ge, 
nommen werde. 
V. Lehrerbildner und Volksschullehrer. 
Es ist streng zwischen der Ausbildung des Lehrerbildners und 
des volksjchullehrers zu scheiden. Der Fehler der Reformer liegt 
meist darin..-daß sie Forderungen für die Ausbildung des Volks» 
ichulllehrers erheben, die höchstens für die des Lehrerbüdners Sinn 
haben. Aufsälligerwesie ist in der Reformliteratur vom Lehrer, 
bildner als solchen eigentlich kaum die Rede; man hat geradezu 
den Eindruck, daß der Lehrerbilüner für die neue Volksschullehrer, 
bildung so gut wie ganz ausgeschaltet werden soll. An seine Stelle 
soll, wie es scheint, ganz der Mittelschullehrec und Hochschulprofessor 
treten. Damit würde aber eine wertvolle und bewährte, aus dem 
Bedürfnis der Volksschule herausgewachsene organische Entwicklung 
rücksichtslos abgeschnitten werden, und es würden der Zukunft 
Kräfte verloren gehen, die meiner Meinung nach eben wegen ihres 
organischen Zusammenhanges mit dem Volksschulwesen von größtem 
wert und nicht leicht ersetzbar wären. 
Aus der Zeit. 
Die Zortbildungsschulpsiicht in Preußen. 
Für Preußen ist die Fortbildungsschulpflicht durch das Gesetz vom 
5l. 7. 25 und Ausfuhrungsanweijungen des M.nisters für Handel und 
Gewerbe vom 29. 12. 25 geregelt. Sie bestimmt: 
Gesetz, betreffend die Erweiterung der veruss-(Fsrtbrldung§-)schulpflicht. 
8 1. 5um Besuche der Berufsschule kann durch Satzung eines Kreiser 
die Gesamtheit oder ein Teil der im Schuibezirk beschäftigten oder wohn» 
hasten unverheirateten Jugendlichen beiderlei Geschlechts unter 18 Jahren 
verpflichtet werden, soweit sie nicht mehr volksschulpflichtig sind. 
8 2. Die Pflicht zum Besuche der Berufsschule ruht, solange der Schul, 
pflichtige eine öffentliche Fachschule oder Innungs- bzw. Fachvsreinsschule 
oder eine privatschule besucht, deren Unterricht von der Schulaufsichtsbehörde 
als ausrelchender Ersatz für den Unterricht in der Berufsschule anerkannt 
wird, oder solange er wahrend mindestens 24 Wacher stunden am Unterricht 
emer anderen ösienllichen oder einer vom Staat genehmigten und beauf. 
sichtigten prioatschule teilnimmt. 
8 5. Wer das Abschlußzeugnis einer nach § 2 anerkannten Fachschule 
erworben hat, oder eine Ausbildung nachweist. Sie den Besuch der Berufs, 
schule entbehrlich macht, oder das Zeugnis über die bestandene Gesellen« 
Prüfung vorlegt, wird von dem Besuche der Berufsschule befreit. 
Aussührungsanweisungen zum Gesetz 
betreffend die Erweiterung der verssr- und Zortbildungsschulpflicht. 
Zu 8 3: 
b) Der Besitz des Abschlußzeugnisses einer nach ij 2 des Gesetzes an. 
erkannten Fachichule gibt ohne werteres ein Anrecht auf Befreiung vom 
Besuche der Berufsschule, dagegen ist für die Entscheidung, ob die sonst 
nachgewiesene AusbilSung von dem Besuche der Berufsschule befreit, die 
berufliche Gliederung und Ausgestaltung der in Betracht kommenden Berufs 
schule von Bedeutung. Wo an der Berufsschule keine Mafien vorhanden 
lind, die wertergchende Fachkenntnisse veimilteln, sind zu befreien: 
Jugendliche, die mit der Reife für 0 ll eines Gymnasiums oder einer 
anderen höheren Lehranstalt, nach bestandener Abschlußprüfung einer Real 
schule, mit dem Zeugnis einer anerkannten Mittelschule oder nach erfolg, 
reichem Besuch erner Präparandenanstalt mit der Reife für eine Lehrer« 
(innen)bildungsanstalt. 
Jugendliche mit der Reife für die dritte Klaffe einer Studienanstalt, 
mit dem Schlußzeugnis eines Lyzeums, mit dem Abgangszeugnis einer vcll« 
entwickelten höheren Mädchenschule, die die Berechtigung der Mittelschule 
nach dem Erlaß des damaligen Herrn Ministers für geistliche und Unterrichts- 
angelegenheilen vom 8. November 1911 — U III D 1858 — besitz'. 
Sind Massen vorhanden, die weltergehende Fachkenntniffe vermitteln, 
so empflehlt es sich, Jugendliche auch mit diesen Zeugnissen zum Besuch zu 
verpflichten, soweit ihnen durch den Unterricht Fachkenntnisse vermittelt 
werden können. Bei der Durchführung der Schulpflicht ist nach Möglichkeit 
durch Einrichtung besonderer Klaffen der Berufsschule und durch Einschulung 
in Höhere Klassen oder durch Beireiung von einem Teil des Unterrichts auf 
die Vorbildung Rücksicht zu nehmen. 
d) Der Nachweis einer Ausbildung, die den Besuch der Berufsschule 
entbehrlich macht, kann durch Ablegung einer Prüfung an der Berufsschule 
geführt werden. Auf die Dorsckrrft des Erlasses vom 22. 2. 1917 — IV 5946 — 
(f). m. B. 5. 77), daß Schulpflichtige, die eine öffentliche Handelsschule mit 
einjährigem Lehrgang mit Erfolg besucht haben, zu verpflichten sind, die 
Berulsschule zwei Jahre lang während der Hälfte der für die übrigen Schüler 
festgesetzten Stunden zu besuchen, wird besonders hingewiesen.
	        
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