Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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fcräftig an; „Nu hürt mol, ITtufäc 1 hundsvötter! Ick denk mi, Ji 
hewwt mi ne Vorstellung gewen wullt, wo ans^ dat in den Tro 
janischen Krieg un in den Strib um de Muren von Ilion hergahn 
r§, un dat wir denn ok recht gaud, wenn Ji blot nich tau dumm 
dortau wiret. - Wat? Soll dit Getrampel villicht den Strib üm 
he Zchep b bedüden? Denn lat't Jug seggen, dot pird dor äwerall 
pich anners dorbi wiren as so'n wör'n Stridwagen, un wenn Korl 
Bentwisch un Page! Zamewitz wahrschinlich glöwen, sick för hek- 
torn und Achilleussen utgewen tau kaenen, denn will ick ehr man 
seggen, dat sick de beiden nich hos' und Iack intwei reten^ un sick 
"in de Gesichter rsimmer kratzt hewwen - nu kik mal einer, wo 
de Swinegel blött 6 - ne, en beten anners gung't noch tau. — 
Irst lihrt wat, hundsvötter, nahst kaent Ji Helden spelen!" 
Ja der Konrektor Äpinus ist ein echter Schulmeister, die Rektor 
stelle an dem Fridericianum in Schwerin, von „Dörchläuchten von 
Swerin" selbst angeboten, lehnt er ab: „vele Ihr^ för mi, Herr! 
Aewer uns' Schau! hir in Brambocg is ne stadtsche Schaul, un as 
ick noch gar nicks in jungen Jahren tau bedüten hadd, hett mi de 
Magistrat hir anstellt, un de Magistrat hett ümmer brav gegen mi 
handelt — dat heit, sei gewen Linen ümmer dat Geld tau spat — 
un de dummen Jungs — tau'm BifpUt: Papel Zarnewitz - ja, 
de rnaken Linen jo Arger — aewer, Herr, dese dummen Jungs 
sünd mi ganz an't hart wussen/ 
wer aber könnte in engem Rahmen all die nichtzünftigen Schul 
meister bei Reuter zeichnen, alle die uns Lehrer sein können durch 
ihr Wesen und ihre Lebensweisheit! Allen voran Gnkel Bräsig, 
in der „Stromtid" und nach ihm eine lange, lange Reihe, schließend 
mit jenen, deren nur flüchtig gedacht wird und die dennoch in voller 
Lebenswahrheit vor uns stehen, wie z. B. Hilgendorf in der „Strom 
tid": „Ich weiß einen", sagt Gnkel Bräsig, „das is Hilgendorf zu 
Tetzleben, der versteht sich auf lateinische Gkonomiker, der hat schon 
ganz gebild'te zum Menschen gemacht. Der hätte mal einen, der 
war noch außerdem mit Gedichten, die er achter die hock^ schrieb,- 
wenn der sagen wollt, die Sünn is aufgegangen, denn sagte er: 
Rurora schaut schon über das hackelwerk, 9 un wenn er sagen wollt, 
es treckt en Stoark 10 auf, dann sagte er: es blüht und türmt sich 
im Westen empor, und wenn er sagen wollt, es drüppelt, dann sagte 
er: es tauet in leisen Tropfen vom Himmel hernieder . . . und 
dennoch! — er hat doch en handlichen Menschen aus ihm zurecht 
gekriegt." 
Bei Reuter ist die Art, wie er etwas sagt, nicht zu trennen von 
dem, was er sagt, deshalb war ihm hier stets selbst das wort gegeben, 
und zum Schlüsse mag er selbst uns feine Ansicht über das wichtigste 
Erziehungsmittel in der Geschichte der Pädagogik sagen: „Mein 
Freund, der Justizrat Schröder, sagt: „Ich schlage nie mein Kind, 
mein Kind ist mein Freund!" — Ein Ausfluß hoher Humanität, 
der sich lieblich durch blühende Büsche eines heiteren Familienlebens 
hindurch schlängelt. — Mein Freund und Nachbar, der Ackerbürger 
Jochen Burr, sagt: „Släg' möten s' hewwen! un ik heww ok weck 
kregen." Em Ausfluß der Selbstbetrachtung, der zuletzt in das ewige 
Meer der Wiedervergeltung ausströmt. — Mein Freund, der Ritter 
gutsbesitzer Hilgendorff, sagt: „Mark di dat! Linmal möten s' Släg' 
hewwen un dat in't irste Johr. Äwer denn düchtig!" Lin Ausfluß 
praktischer Weisheit, die sich — ich glaube — an zwölf unmündigen 
Individuen erprobt hat, und sich mir, in Anbetracht meiner eigenen 
Lebenserfahrungen, als das allein Richtige aufdrängt, natürlich mit 
Modisikationen. Richt das erste Jahrs sondern die erste Gelegenheit 
ist es, bei welcher die Erziehung einzugreifen hat." 
Probleme der Jugendbewegung." 
von Paula Rengier, Berlin. 
wie ein zartes Morgenwehen, wie ein milder Frühstem guten 
Strebenr machte sich das Wiedererwachen der deutschen Seele gellend 
in der Jugendbewegung. 
was ist sie, diese tiefgreifende Bewegung, wo hat sie ihren Ur- 
sprung, welches sind ihre Probleme und Siele? Im pfingstfeuer 
1 aus monsieur * wie « Schiffe 1 gerissen, * blutet 
6 Ehre ' gewachsen « hinter üer Hecke (Mandel). 
» 3aun aus pfählen mit Dornenreisern. -° Gewitterwolke. 
,. " Vortrag gehalten bei der Za. Hauptversammlung des Vereins katho- 
Uscher deutscher Lehrerinnen zu Paderborn, Pfingsten 1924. 
(heft I» 192!) heißt er: „Jugendbewegung entstand aus der Rot 
der Vereinsamung in der Familie, in der Schule, in der Gesellschaft. 
Ls war die Abkehr von der Hohlheit und Unwahrhaftigkeit und 
Seelenlosigkeit der menschlichen Beziehungen. Die Lebensgemeinschaft 
soll und muß erfaßt werden. Als Glied eines Leibes waren wir 
geboren - aber der Welt schien dieses wißen verloren gegangen, in 
Beschränktheit, Eigensucht und Neid erstickt zu sein." 
Line neue Menschenart, eine andere seelische Struktur will die 
Jugendbewegung vorbereiten, denn „das Wesen der Jugendbewegung 
b -steht darin, daß die jungen Menschen ganz wesentlich werden wollen, 
daß es ihnen um das tiefste und letzte Wesen des Menschen- und 
Christentums geht, daß sie ganze Menschen und Christen werden wollen. 
In Singen, wandern usw. besteht die Iugendbewegung nicht, die 
Dinge sind nur Mittel zum Zweck. Ganz folgerichtig wachst aus dem 
großen Ziel der Jugendbewegung die Abschüttelung alles dessen heraus, 
was sie hindert, selbst und ganz wesentlich zu werden, die Abschütte 
lung von Übergriffen und widernatürlichen Hemmungen der Autori 
täten, wie die Abschüttelung der Äußerlichkeiten, Nebensächlichkeiten, 
der Mode, der überflüssigen Bedürfnisse und Genüße, des menschen 
trennenden Kastengeistes." (Großdeutschland.) 
Mit diesen §ommHmingm der Jugend selbst treten wir an die 
beiden wesentlichen Momente, die eine so schnelle Entwicklung der 
Jugendbewegung in den letzten Jahren begünstigten. Es sind: 
Das starke, frische Lebensgefühl der Jugend, das sich schroff 
abwandte von der Äußerlichkeit der mechanisch gewordenen Kultur 
des 19. Jahrhunderts, das sich dort nicht mehr zurechtfinden konnte, 
da das Bewußtsein des Andersseins, des Andersseinmüssens 
durchbrach und zur inneren Loslösung führen mußte. Es war jener 
gesteigerte Lebensdrang, der leidenschaftliche, eindringliche Kritik an 
legte, an altgeprägte Formen, an die Umwelt, die für wertlos und 
unbedeutend gehalten wurde. Aus der wirklichen Erkenntnis, dem 
halb unbewußten Ahnen von der Kulturkrisis heraus haben die 
Regsamsten und Tiefsten sich mit offener Seele den Wirklichkeiten 
gegenübergesehen, haben sie gefühlt und gewußt, daß der vielgepriesene 
Fortschritt zur erstarrten Kultur geworden, daß der junge, begeiste- 
rungsfäbige Mensch kaum etwas vorfand, woran er sich halten, 
emporranken konnte. Äußere Ausdrucksform für das Streben nach 
Lebendigem wurde das wandern. 
Das zweite Moment liegt in der Spannung zwischen Jugend 
und Autorität, die bis zur Ablehnung jeglicher Gewalt geschritten 
ist, so daß die Jugend in übersprudelndem Selbstbewußtsein die Aus 
drucksformen des Lebens selbst gestaltet, so daß sie sich als einzige 
Trägerin eines neuen, besseren Menschentums dünkt. — 
Gesellschaft: Mit seinem aktiv-passiven Teilhaben, mit einem 
theoretischen verstehen soll der junge Mensch hineinwachsen in das 
wogende Chaos der modernen Kultur, in das vielgegliederte Gesell 
schaftsleben. Der junge Mensch sieht den ihn umgebenden Kreis 
als überindividuelles Gebilde, an dem er spater mitformen soll als 
individuelles Glied. Und in dieser Gesellschaft, die so wenig das 
Gemeinschaftsbild der jungen Seele widerspiegelt, herrscht nur flüchtige 
Intereffenberührung, geht man nur darauf hinaus, eine bestimmte 
Saite des Menschen abklingen zu laßen, wahrend alles Sehnen, die 
überstarke Ergänzungsbedürftigkeit nach voller Wesensgemeinschaft zielt. 
Alte Umgangsformen, feste Traditionen binden den Kreis — 
unserer Jugend widerstreben die von außen kommenden Regelungen, 
sie wünscht Bewegungsfreiheit, Ungebundenheil, Eigenständigkeit, 
trotzdem sich bald beim Zusammenschluß Gleichgesinnter die Erkenntnis 
Bahn bricht, daß ohne Zwang sich kein fruchtbares Gemeinschaftsleben 
gestalten läßt. Sie will Möglichkeiten für die freie Entfaltung der 
Individualität, die dann später, dank der klaren Erkenntnis vom 
werte der Gemeinschaft, sich froh einfügt in diese als mitschaffendes 
Glied. 
Dieses vorwiegend rationalisierte Gesellschaftsgebilde beruht auf 
verworrenen historischen Voraussetzungen, zu denen der Jugend der 
Geheimschlüßel fehlt. So reibt sie sich an der Frage des „So-seins", 
verkennt werte des vergangenen, das sie als bestimmende Macht 
ablehnt, war es ftüher der höchste Ehrgeiz, sich in Kleidung, 
Haltung und Gewohnheit nach den Erwachsenen zu richten, glaubte 
man im Florstrumpf, in der Damenfrisur, dem Seidengewand und 
Glacehandschuh Dinge zu sehen, die am sichersten in die Kultur und 
den Kreis der Damen hineinführten, so kämpft die Jugendbewegung 
gegen diese Einspannung und strebt nach Ausbildung eines neuen
	        
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