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■)cm Schundkino an, das es durch Dort und Tat bekämpft. (Pader
born, Libori 21.). „Die Zeit des müden Zufchauens, des schwachen
Gewährenlassens ist vorbei, wir müssen uns wehren, um nicht unter
zugehen; wir lehnen es ab, die Erbin einer Kultur zu werden, die
ihren sichtbaren Ausdruck in Kinos, Tanzunwesen, Schmutzpostkarten.
Schundliteratur u. ä. findet, die dem gesunden inneren Empfinden
jedes ernstdenkenden Menschen widersprechen!" (Pharus).
Jedem Erzieher ist es klar, von welcher Tragweite die Einflüsse
des Kinos sind bei der starken Suggest.brlität der Jugend, bei dem
großen Nachahmungstrieb, wie Kinobesuch zur Unfähigkeit des aktiven
Eigenlebens, zur Unterbindung der Phantasietätigkeit, zur Verwirrung
des logischen Denkens führen kann, ganz abgesehen von den Unmengen
moralischer Schädigungen. Wie wertvoll kann uns Erziehern da das
Eingreifen und G genarbeiten der Jugendbewegler werden, wenn
wir uns ihrer Art verständnisvoll nähern, betrachtet doch gerade
(Huickborn und besonders die Großdeutsche Jugend ethische, religiöse
und soziale Reformarbeit als Hauptaufgaben.
Gewiß, und mit Recht sträubt sich die ältere Generation gegen
das gemeinsame wandern, das lagelange Unterwegssein, das
vernachlässigen der Kleidung, das rücksichtslose Ausnützen fremder
Gastfreundschaft. Doch scheint mir, das sind Auswüchse, die die
Führenden mit zarter Hand schnell beschneiden können. Aus der
Jugend selbst gehen zahlreiche Änderungsvorschläge hervor.
Unsere katholische Jugendbewegung ist sich vollständig klar darüber
mit ihren Führern, daß der Drang zum andern Geschlecht als
Fieber und Not in jedem steckt; der Zwang der äußeren Sitte kann
Auswüchse verdecken, aber es gibt keine Form, das Verhältnis der
Geschlechter so zu regeln, daß es keine Gefahr der Verirrung, keinen
Kampf um Reinheit mehr gäbe, woraus die feste Richtung erwachsen
muß.
Sich rein zu halten, war und ist für unsere katholische Jugend
bewegung selbstverständlich, daher eröffnet sie den Kampf gegen
sexuelle Grundsatzlosigkeit weiter Kreise, strebt sie nach wahrer Ge
meinschaft, Bewertung des Körpers als Kusdrucksmittel des Seelischen,
womit von selbst eine Gegenwirkung gegen moderne Emanzipation
des Leibes geboten ist; endlich sehen wir edlen willen, aufrichtiges
Streben nach Geistigkeit. — Der Wandervogel brachte neue Lebens
formen und Lebensmöglichkeiten in den Verkehr der Geschlechter
untereinander. Mädchen erkauften sich die Freiheit des wanderns,
des Herumstreifens mit Buben bei Sang und Spiel. Liegt nicht eine
große Gefahr im freien Verkehr? Gewiß, und dieser ist überhaupt
nur da möglich, wo strengste Selbstzucht im Benehmen, Reden und
Gedanken herrscht, wo das schwache Einzelwesen durch den Geist des
Ganzen, durch ein Festverwachsensein mit sittlich-religiösen Über
zeugungen gestützt wird.
Die echte Kameradschaftlichkeit kann viel Schönes, Reiches, Reines
bieten. Mädchen, die in ernster Zurückgezogenheit zur edlen Jung
frau gereift sind, empfangen durch Freundschaft Bereicherung und
Erweiterung des Seins, Sicherheit in ihrer Selbstzucht. Die Gewohn
heit kann das Zusammensein selbstverständlich gestalten, ihr den
prickelnden Reiz nehmen. Doch was für eine Zucht muß diese
Jugend von sich verlangen, wie stark muß das Gefühl der Ver
pflichtung, der Verantwortlichkeit, der Wille dazu werden! Sicher
lich hat das wandern unsere Jugend selbständig gemacht, freiwillig
übernommene Entbehrungen halfen Weichlichkeit und Sentimentalität
überwinden, die Freundschaft vollzog die Erziehung zur strengen
Verantwortlichkeit dem Du, den vielen Weggenossen gegenüber.
Gemeinsame Wanderungen werden fast von allen Be
wegungen abgelehnt, doch führen gelegentliche Tagungen die
Jugend verschiedener Geschlechter zueinander. Da tritt schützend ein
herber Idealismus auf, der jede Liebelei verbannen will, der harm
lose Kameradschaftlichkeit als Ideal aufstellt. Das ist gewiß: Selbst
täuschung sieht leicht Kameradschaftlichkeit und indifferente Freund
schaft da, wo längst sexuelle Neigungen Wurzel geschlagen haben.
Und doch, — sollte nicht strengste Verantwortlichkeit füreinander
dazu führen, daß nicht Gefühle aufkommen, die vor dem Forum
des Gewissens erzittern muffen? Verantwortlichkeit ist der Grund
pfeiler edler Sittlichkeit. Ein hauch strenger Reinheit und Wahrhaftig
keit strömt den Atem der Gesundheit aus über Körper und Geist
derer, die über Matten und Felder wandern oder sich im Thing in
Insten Auseinandersetzungen achten lernen. Nichts bannt so sicher
" ie Dämonen als gemeinsame Ehrfurcht, gemeinsames Ringen, Suchen
)
und Finden. Um so vieles schwieriger ist natürlich jene seelische
Zucht, als die äußere Beherrschung des Körpers, fordert sie doch
herbe Zurückgezogenheit und strengste Jungfräulichkeit, feinste Seelen-
Keuschheit, die alles hohe und Edle aufspeichert zur Erreichung ihrer
Ideale.
Allzu furchtsame Gemüter wandten sich mit aller Schärfe gegen
die gemeinsamen Tagungen beider Geschlechter auf der 6)uick-
bornburg Rothenfels. Das gemeinsame Besprechen so mancher Frage,
das Beisammensein, getragen von dem Bewußtsein der strengsten
Verantwortlichkeit, hat in der Jugend neue Sitten und Formen
erweckt, hat Feingefühl ausgelöst für die Regelung der gegenseitigen
Empfindungen. (Tfmckborn 9. J. h. 4/5.:) „Mehr und tiefer dringen
wir in den Geist der HI. Kirche, in Gottes Wege ein. Feiner und
empfindsamer wird das Innere. Der Junge sieht in der Schwester
nicht mehr nur die, die ihm alles herbeibringen muß, nein, er lernt
in ihr etwas hohes. Reines, Schwaches sehen, das er schätzen muß."
- „Als Marienritter werden wir jungen Männer im Mädchen immer
die Jungfrau sehen, die bestrebt ist, ihr ganzes Leben nach dem Ideal,
das ihr die Marienverehrung gibt, einzurichten."
Im Johannisfeuer (h. 1 1921) heißt cs: „Unser Geschwister,
tum ist ein rein geistiges, der weg zu Bruder und Schwester bei
uns führt durch Gott. Seien wir eingedenk der großen Verant
wortung, die auf unseren Schultern ruht!"
Kenntnis des Baumaterials und des realen Baugrundes
verhelfen bei der Stellungnahme der Geschlechter; rückhaltloses Kennen«
lernen eigener Schwächen, strengste Selbstkritik sind beste Stützen,
weder übertriebener Sport noch Körperwaschungen allein führen zur
Herrschaft der Seele über den Körper, sondern allein Kampf um
die innere Freiheit, Verwirklichung religiös-sittlicher
Ideale, das ist es, was uns tatkräftig und fest machen kann, was
zur Vergeistigung führt.
Keine neue Ethik, keine neue Religion, kein neuer Ehrbegriff
ist hier notwendig, was wir brauchen, ist das tiefste verankert
sein im alten Glauben, die konsequente Anerkennung der alten Ethik»
eine tiefere Auffassung des Geschlechtslebens, ein deutliches Bekenntnis
zur Philosophie §er Verantwortlichkeit, weiblicher Ehrbegriff, der
Sen Verkehr der Geschlechter regelt, entspringt dem Geiste der Frauen
würde, dem Protest gegen alles, was den Naturtrieb zum obersten
Gesetz macht.
Jungfräulichkeit ist der feste Riegel, der die Geheimnisse ver
wahrt, sie ist die keusche Ehrfurcht vor dem Gottesfunken ln der
Seele sowohl als auch vor der hülle des Leibes. Die jungftäuliche
Seele bleibt nach Meister Ekkehardt mit Sinnen und Sehnen keusch
in sich verschloffen. wirkt statt nach außen nach innen. Sie flieht
den Lärm und sucht Momente der Gotteinsamkeit, des trauten Zwie
gesprächs, Augenblicke des Gottnahefeins inmitten der Stürme des
Lebens, der Sorgen des Alltags, der Bürden des Berufes. Nicht nur
romantische Schwärmerei ist es, wenn unsere Jungmädchen „in ihrer
tiefen Not" sich an die Gottesmutter wenden und inbrünstig: „Meer
stern, ich dich grüße" singen. Es ist das sinnige Flehen um ein
reines Leben, um eins sichere Fahrt, um Kraft und heil.
In unserer katholischen Jugendbewegung können sich nicht Auf
fassungen durchbrechen, als sei strenge Zucht im Verkehr „Auswuchs
der Prüderie des aszetischen Fanatikers" (Elise Busse-Wilson: Frau
und Jugendbewegung. Hamburg 1920 — auch Blüher), sie kann
nicht die Auffassung der'idcalistisch-freideutschen Jugend teilen, die
glaubt, durch das Progamm der wechselseitigen Durchdringung von
Körper und Seele käme sie hinweg über alles sexuelle Niedrige. Der
Protest gegen den sexuellen Materialismus befreit nicht von Lust und Trieb,
wenn das geistige Ich nicht Rückhalt findet in Religion und Moral.
Die neue Jugend will ihr Leben gestalten in innerer Wahr
haftigkeit, kann und darf sich also nicht täuschen über die ein
fachsten Tatsachen.
Die streng aszetische Richtung der Jugendbewegung kann bit
einzig mögliche Lösung bieten, allein die Grundlagen schaffen für
gesunde gesellschaftliche Neuordnungen, kann in herber EntsagunL
und strenger Zucht die Übermacht des Geistigen erfftreben.
„Monsaloat ist nicht gewohnt,
Daß durch seine Tore tritt,
wer zuvor nicht ernstlich stritt
Gder doch bei sich gefühlt,
was der Welt wie Sterben gilt."