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leferungen, das ist wahrhaftigsein." Die Forderung der Wahr
haftigkeit schritt voran zu der nach Wesenhaftigkeit. „Die
besetze des Denkens und des Sollens sind im letzten Sinne Gesetze
aes Seins." Und die katholische Jugend, sie fühlt die Pflicht, das
religiöse Leben aufzubauen von Wirklichkeit und Wesen her, nicht
oon allem, was aus dem eigenen Innern dunkel aufsteigt. Wahr
haftigkeit ist „Wesenhaftigkeit, Gehorsam gegen das
Mahre Wesen der eigenen Seele, der Gemeinschaft, der Welt,
Gottes." Wahrheit ist sucht, Gehorsam, Dienst. „Ich diene" ist
oer neuen Jugend wahre Losung (Trutznachtigall), die den tiefsten
Sinn ihres wollens erkannt hat; wir dienen, wir ordnen uns ein
m die neuerrungene Ganzheit des Lebens, fügen uns der Gemein-
fchaftsordnung, der Autorität. Die Jugend sah ihre Unfertigkeit,
die der formenden Rraft des erfahrenen Alters bedarf; das Alter ist
nicht mehr Ausdruck der Lebensverneinung, sondern halt und Rraft.
Nicht nur Stürmen gehört zum Lebendigsein, auch Lauschen, Schweigen.
Lauschen der Autorität, die letzten Endes zur Freiheit des Qber-
sichhinauskommens verhilft, die die Persönlichkeitsentwicklung fördert,
da sie nicht allein von innen Kommen kann. Der Sinn des Lebens
ganzen, die Stellung und Verantwortlichkeit des Individuums inner
halb der Gemeinschaft wird umrissener, die innere Einstellung kommt
zum Durchbruch. Dem Alter zollt man Achtung, da es Weisheit
birgt, man gehorcht unbedingter, da Einsicht und freie willens-
ontfcheidung Voraussetzungen wurden. Autorität wird erkannt als
schaffende Lebensmacht, als Hilfe zur Freiheit. Auch das
vertrauen zur Rirche wird neu belebt. Die Jugend erblickt in ihr
das Organ des heiligen Geistes. Das restlose vertrauen gibt Rraft,
über Bedenken des individuellen Urteilens hinwegzukommen, Kraft
des Glaubens an den wert der eigenen Seele. Und der Glaube,
er lehrt der Gottesstimme des Gewissens lauschen, zeigt deutlich die
Forderungen des Gottesgebotes, die Pflichten der Selbstzucht. Und
der Wille, er wächst am Gesetz, er stählt sich in straffer Zucht, im
Gehorsam gegen die Ordnung, das religiöse Bewußtsein wird stark,
jenes Bewußtsein, daß unser Los an Gott gebunden ist.
Daraus ergibt sich für die katholische Jugendbewegung, daß ihr
das religiöse Verhältnis etwas Selbstverständliches ist, die Er
kenntnis, daß der Mensch dem ganzen Wesen nach Gott gehört,
dem Lenker der Geschicke, dem vollkommenen, Reinen - aber auch
Gerechten. Aus der Erkenntnis heraus erwächst die der Katholischen
Jugend eigene Einstellung zum Gebet, als der Form des kindlichen
Verkehrs mit Gott, zum heiligen Meßopfer, das die Gemeinschaft
festigt und enger bindet, zu den heiligen Sakramenten, die
neue Uraftquellen bedeuten im Ringen und Streiten. Und die Reli
gion, sie zeigt die seelenbildende Wirkung, das neue Leben im
Glauben verleiht der Bewegung Festigkeit und Geschlossenheit, „wir
sind katholische junge Mädchen, wir wollen nicht nur katholisch
heißen, sondern auch katholisch sein. Die Religion soll nicht nur
neben uns stehen, sondern in uns wurzeln, sie soll uns durch
dringen und Leitpunkt unseres Handelns sein." (Aus dem I. Rund
brief der Werkgemeinschaft: Trutznachtigall.)
Und eine junge hochländerin: „Nach all dem heißen Ringen
langer Jahre, nach allem Suchen und Sehnen bekennen wir unsere
Gemeinschaft, uns aufs neue zu unserem katholischen Glauben,
den wir uns eroberten, der uns zum wertvollsten Gut ge
worden!" Und: „Jungsein heißt unfertig sein. Unser großes Ziel
ist darum Selbsterziehung; wir wollen besser werden, mit allem
Streben der Seele an uns arbeiten, uns in religiöse Fragen hinein
vertiefen, ernste Selbstkritik anlegen und unserer Führerin Rechen
schaft geben, uns mit vollem vertrauen ihr nahen. In der Er
kenntnis unserer Unfertigkeit bekennen wir uns zu der von Gott
eingesetzten Autorität." Mit allem Rönnen will diese neue Jugend
ihre Religion erfassen, will sie zur Rirche stehen. Mit Inbrunst und
aller Glut jugendlichen Empfindens wenden sich unsere Jungmädchen
an die Gottesmutter, in der sie die vollendete Reinheit sehen.
„Unendliches vertrauen durchströmt unsere Brust, wenn wir Maria
als Freundin und Mutter verehren, vor der alles sich neigt. Und
wir gewinnen ihre Gunst, kommen wir doch mit der Gpferschale
der Entsagung, deren Duft Gott und alle heiligen erfreut." (Jobannis-
feuer h. V. 1923.)
In lebendiger Mitwirkung nimmt diese Jugend Christentum
und Liturgie hin, nicht als altes Erbstück — nein, als neu er
worbenen Schatz. Mit heiliger Inbrunst nimmt sie aktiv teil am
heiligen Opfer, versenkt sie sich mit ihrer Führerin in die alte Kirch.
liche Tradition. Und die Religion, sie hat nichts Erdrückendes, das
Gewissen Rnebelndes an sich. Der wahrhaft katholische Mensch ist
subjektiver, persönlicher, eigenständiger als der Freideutsche, weil er
wirksamere Mittel hat, zu sich zu kommen, in sich zu schauen, aus
sich herauszukommen als der religionslose Mensch. (Schluß folgt.)
Aus Württemberg.
Die schweren Folgen des Schulabbaus werden in etwa gemildert
durch einen Erlaß des Oberschulrats vom 3. 6. 24, Nr. 8325 über
die Bedingungen für Ablegung der zweiten Dienstprüfung. Die Forde,
rung der Prüfungsordnung 8 20, Abs. I, Nr. 3 vom 1. 5. 1917,
wonach die unständigen Lehrkräfte bei der Zulassung zur zweiten
Prüfung mindestens zwei Jahre in einer Volksschule oder sonst an
einer staatlichen oder staatlich anerkannten Schule im Lande unständig
verwendet gewesen sein müssen, wird eingeschränkt. Die Oberschul
behörde wird bis auf weiteres ermächtigt, solche Lehramtsbewerber
und -bewerberinnen, die infolge unverschuldeter Nichtverwendung im
öffentlichen Schuldienst des Landes, schon nach kürzerer Dienstzeit
zur zweiten Prüfung zuzulaffen, vorausgesetzt, daß die anderen Be
dingungen des § 20 erfüllt sind. Sollte es sich darum handeln,
einen Lehramtsbewerber zuzulaffen, der überhaupt noch nie im
öffentlichen Schuldienst verwendet war, so ist in jedem Fall die Ge«
nehmigung des Ministeriums einzuholen. Im übrigen ist den um
verwendeten Lehramtsbewerbern, die sich auf die zweite Prüfung
vorbereiten, Gelegenheit zu geben, sich als Schulpraktikanten (ohne
Vergütung) einer Volksschule anzuschließen, damit sie mit dem Leben
der Schule in Fühlung bleiben und selbst einige Lehrproben halten können.
Die Zentrumspartei brachte durch Herrn Regierungsrat pollich,
die Anfrage über „Umwandlung Kleiner LandvolKsschulen in privat
schulen". Daraufhin hat das Staatsministerium beschlossen, daß die
Gemeinden, die zur Fortführung ihrer abgebauten Einklassenschulen
dauernd oder zeitlich in den Ruhestand versetzte Lehrer verwenden»
dem Staat keinen Teil des Ruhegehalts oder Wartegeldes zu er
setzen haben.
Es ist das ein schöner Erfolg, über den wir uns sowohl im
Intereffe unserer Schule als unserer zu früh pensionierten Rollegen
und Rolleginnen freuen dürfen. Auch eine pensionierte katholische
Lehrerin hat die Weiterführung einer Einklassenschule als privat-
schule übernommen, wir wünschen ihr Glück dazu!
Line neue Verfügung des katholischen Gberschulrats verdient
unsere besondere Beachtung, weil sie uns Lehrerinnen endlich das
Recht zur Führung von Mädchenoberklaffen gewährt. Es ist darin
bestimmt, daß reine Mädchenoberklaffen tunlichst von Lehrerinnen
(besonders von ständigen) geführt werden sollen, wo bei der Rlassen-
Verteilung im April d. I. nicht nach diesem Gesichtspunkte gehandelt
wurde, ist das versäumte vor Beginn des Winterhalbjahrs nachzu-
holen, wenn irgendwo aus besonderen Gründen von dieser ver-
fügung abgegangen werden sollte, so ist umgehend an den Ober-
schulrat zu berichten. — Es ist nun Sache der Rolleginnen, an den
einzelnen Schulen die Durchführung dieses Erlasses zu veranlaffen,
nötigenfalls zu erzwingen.
Suchen wir das vertrauen unserer Gberschulbehörde zu wür
digen! Nehmen wir hoffnungsfroh die oberen Mädchenklassen! Möge
keine einzige Rollegin, keine jüngere und keine ältere, sich dieses
schönen Erfolges unseres Lehrerinnenberufes unwürdig zeigen durch
ablehnende Haltung! Dies wäre im tiefsten Grunde zu bedauern.
An einige, die vielleicht nicht das nötige Selbstvertrauen haben, um
plötzlich von der Unter- oder Mittel- in die GberKlaffe zu steigen,
richte ich die freundliche Bitte, sich mit aller Rrast an die neue
Aufgabe zu machen und zu sprechen: „Ich vermag alles in dem,
der mich stärkt." Selbstverständlich dürfen wir dieser helfende«
Himmelskraft nicht den weg verbauen — wir müssen weiterstudieren;
nicht nur jedes Semester sich einen Stoffplan machen und nicht nur
jeden Monat nachsehen, ob das Ziel erreicht wird, sondern wöchent
lich und täglich, ja täglich müßen wir uns gründlich vorbereiten.
Ich garantiere jeder Lehrerin, die sich immer gut vorbereitet auf
ihren Unterricht, daß sie eine gute Schule bekommt. Scheuen wir
doch keine Mühe, unseren Heranwachsenden Mädchen alles zu tun,
alles zu geben, alles zu fein, was in unserer Rraft steht. helfe«
wir sie erziehen nach christlichen Frauenidealen!