Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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Kolleginnen, die gerne einen Kursus für Lehrerinnen an Mädchen 
oberklassen mitmachen möchten, sind gebeten, sich bis zum 30. Juli 
bei Fräulein O. Unterlöhner, Cannstatt, Teckstr. 96 1 zu melden. 
Ergibt sich eine genügende Zahl der Teilnehmerinnen, so wird in 
der letzten August- oder ersten Gktoberwoche ein Kursus eingeleitet 
werden in Stuttgart oder in Ulm. Auch Nichtmitglieder des Vereins 
sind herzlich geladen. 
Kolleginnen, die in der VIII. Gehaltsgruppe sind, werden dringend 
gebeten, sich sofort unter Angabe der Klasse, die sie in den letzten 
5 Zähren geführt haben, der Schülerzahl, der Unterrichtsfächer, die 
sie an anderen Klassen gegeben haben, bei der Unterzeichneten zu 
melden. Es handelt sich um Einstufung in die IX. Gehaltsgruppe. 
Nach Aufheben der Beförderungsspsrre werden ca. 18 durch Pensio 
nierung und Tod freigewordene IX er-Gehalte vergeben, wir 
Lehrerinnen wollen uns auch darum bemühen. 
Im September wird wieder ein staatlicher Turnkursus in der 
Landesturnanstalt stattfinden. 
Der liturgische Kursus in Beuron am 28. und 29. Zuli wird 
mit einem Tinleitungsvortrag am Sonntagabend beginnen. Bitte, 
das Missale mitbringen. CD. Unterlöhner, Cannstatt, Teckstr. 96 L 
Notgemelnschaft. 
Die Not unserer Zugend war das große Thema unserer pfingst- 
versammlung. war es da ein Wunder, daß Frau Sorge ihren 
grauen Mantel lüstete und uns schon in der allerersten Vereins 
zusammenkunft, die der Zunglehrerinnen, ein Stück Not sehen ließ, 
und zwar „die Not am eigenen Leibe" unseres Vereins! „wenn 
ein Glied leidet, so leiden alle Glieder", sagt der hl. Paulus, und 
so ist es auch im vereinsleben. Die Bedrängnisse einer Standes 
gruppe sind Sorgen für den ganzen Verein, wenn anders wir uns 
als Vereinsschwestern fühlen sollen. Und das war das Große und 
Erhabene in unserm Verein, daß er sich nicht in Grüppchen mit 
speziellen Interessen zersplitterte, sondern alle zu umfassen strebte, 
die Gott und dem Vaterland an der Zugend dienen wollten, wir 
waren somit eine Gemeinschaft im. schönsten Sinne des Wortes. 
heute nun, wo die Uot mit mancher Kollegin am Tische sitzt, 
wo die Sorgen nicht enden wollen, da gilt es, sich aufs neue als eine 
Gemeinschaft zu erweisen, unsere so oft mit Stolz gerühmte Tugend 
der Mütterlichkeit an unsern jungen Standesgenossinncn zu üben. 
Wie echte Mütter wollen wir ihrer Bedrängnis gedenken. Unter 
erschwerten Verhältnissen haben sie in der Kriegs- und Revolutions 
zeit ihre Ausbildung genossen in der Hoffnung, bald gebraucht zu 
werden, bald die von der eigenen Familie gebrachten Opfer ver 
gelten zu können. Statt besten kam die entsetzliche Zeit der Stellen 
losigkeit mit ihrer Unruhe, dem endlosen hangen und Bangen, und 
schließlich forderte die bittere Not den Übergang in einen andern, 
in einen ungelernten Beruf, welche Enttäuschungen, welche De 
mütigungen für ein junges Menschenherz mit hochgespannten Idealen! 
Zahr um Zahr verrann in vergeblicher Hoffnung. Da das Gespenst 
des Abbaus. Und als Hilfskraft in Büro oder Bank, als solche, 
die doch nach einem andern Berufe strebt, fielen unsere Zunglehre- 
rinnen dem Abbau zuerst zum Opfer. Zum zweiten Male stehen 
sie vor dem Nichts, wiederum vor der brennenden Frage nach dem 
„was nun". Dis häuslichen Verhältnisse sind nicht besser geworden, 
daß sie getrost zu Hause sitzen können oder aus eigenen Mitteln 
werter studieren vermöchten. Denken wir in festen, gesicherten Stellen 
einmal dieser Notlage nach. Da werden wir den Schrei nach Hilfe, 
der wieder und wieder aus den jungen Herzen an unsere Seele 
drang, verstehen, und der Entschluß wird nicht schwer werden, zur 
eigenen Not noch die andere hinzuzulegen oder von dem eigenen 
Mehr das weniger der andern aufzufüllen. So manche alte Kollegin 
hat es früher fertiggebracht, aus ihren Mitteln eine, ja auch mehrere 
ihrer Schülerinnen studieren zu lasten. Sollten denn nicht auch heute 
Noch solche Opferseelen in unsern Reihen sein, die einer jungen Kol 
legin weiterhilft. Und was für zwei Schultern unter der Last der 
Gegenwart zu schwer ist, sollte sich das nicht ermöglichen lasten, 
wenn ein ganzer Bezirksverein zusammensteht mit dem Opfermut 
katholischer Gesinnung, daß in unsern Reihen keine Zunglehrerin 
Not leiden soll, daß keine aus Mangel an Mitteln am Weiterstudium 
gehindert wird? Mit Stolz sieht jeder Vater, wenn seine Sohne 
höher streben, und mit Opfern ermöglicht er ihnen den Aufstieg. 
Auch unser Mütterlichkeitsgefühl sollte uns drängen, den Zungen 
unseres Standes, den Erbinnen unserer Arbeit, ein Aufwärts zu er 
möglichen, mindestens aber ein Durchhalten zur Sicherung des Nack- 
wnchses. So ist es denn auch zu verstehen, wenn jede von der 
Hauptversammlung den Entschluß mitnahm^ zu helfen, wie und wo 
sie nur irgend vermag, und den Beschluß verwirklicht zu sehen, da 
jeder Bezirksverein für seine Zunglehrerinnen sorgt und da, wo er 
zu klein ist. andere mit heranzieht. Es wäre ein schöner Plan 
wenn alle, die für Abgebaute und Zunglehrerinnen nicht zu sorgen 
haben, für diesen Zweck so reichlich in unsere Karitaskasse steuerten, 
daß den Bezirksvereinen, denen die Sorge für Hunderte junge 
Standesgefährtinnen obii gt, das herz erleichtert wird. Alle für 
einen und einer für alle! 
wenn einmal die Zähre der Dürre vorüber sind und wir er 
graut und alt auf das Werk unseres Lebens zurückschauen, dann 
soll er unsere Freuds sein, in unserm katholischen Lehrerinnenstande 
eine Reihe in Not geprüfter und bewährter, von unsern Idealen 
durchdrungener und getragener ehemaliger Zunglehrerinnen an unsern: 
Platze zu sehen. Dazu helfe Gott. 
Nach-enMch?§ zur paderborner Tagung 
für unsere Land!ehrerinnen. 
Der Alltag des Lebens hat wieder das Wort. Nur in unseren 
Seelen klingt es noch von allem Schönen, all der reichen und tiefen 
Anregung, die uns geworden in den pfingsttagen in der paderstadt. 
Das gibr unserem Arbeiten einen neuen Schwung und unsern Herzen 
eine frische, frohere Bereitwilligkeit, uns den tausend Kleinigkeiten 
entgegenzustemmen, die unseren Werktag oft so schwer machen. 
Ob das des Erfolges genug ist? 
Gewiß es ist viel. Genug auch, um zu danken denen, die uns 
das alles gaben, um uns fester zu binden an den Verein, der urs 
das Bild einer starken Geschlossenheit, einer gleichsam zur festen Form 
gewordenen Geistesmacht darbot, die uns alle mit Stolz erfüllte — 
aber es ist nicht genug, wenn wir daran denken, aus we'chem Grunds 
solche Tagungen veranstaltet werden. Denken wir daran, daß jede 
unserer Hauptversammlungen ein Motto trägt, zu dem alle Veran 
staltungen in Beziehung gesetzt werden — und das dann weiterhin 
stehen soll als Leitstern über unserer Arbeit wahrend des ganzen 
Zahres. „Zug ndnot" wie tief erschütternd ist uns dieses Wort in 
die Seele gehämmert - „Zugendhilfe" wie sprach sie zu unserem 
Herzen, daß wir opferbereit und opferentschlosten sie zu leisten ver 
sprachen. Und doch ist auch das nicht genug, wie oft habe ich 
in den Tagen dis Laudlehrerin so ganz heimlich - oft auch laut — 
seufzen hören: „Za, aber bei uns liegt alles so ganz anders. So 
mag es in der Stadt und Großstadt sein, aber wir auf dem Lande??" 
Und wenn Wege gezeigt wurden, unsere Zugend aus ihrer Not heraus 
zuführen, dann trat in Gesicht und Auge so mancher aus uns ein 
Zug von Resignation, die wiederum sagte: „Das ist bei uns nickt 
möglich." Und im Herzen sprach doch ein so fester: „Ich will." 
Sieh, liebe Kollegin vom Lande, hier liegt für uns die Arbeit, die 
wir zu leisten haben, das verpflichten, das die Tagung uns auf 
erlegt! Damit, daß wir sprechen von dem „Anderssein" ist nichts 
getan. Fragen wir uns einmal ganz ernstlich, wo zutiefst die Net 
unserer Landjugend liegt! Sie ist, relativ genommen, nicht geringer 
als die unserer Großstadtjugend, nur zeigt sie sich in anderen Aus 
maßen und wirkt gewissermaßen noch mehr unter der Oberfläche. 
Bis sie dann hier oder da spontan hervorbricht, und ein trauriges 
Ereignis uns wie ein Schlaglicht die ganze große Not in Heller und 
unbarmherziger Beleuchtung zeigt. Aber wir haben leider nicht 
nötig, Linzelfälle zu buchen. Zeigt nicht die ganze sittliche Lebens 
einstellung unserer Landbevölkerung einen Tiefstand, der uns sollte 
erschrecken lasten? Klagen wir nicht über den Mangel an Autoritär? 
Kennt unser Land in seiner Gesamtheit noch die Begriffe von Lbr- 
lichkeit und Treue, die traditionell mit ihm verbunden waren, oder 
wissen wir nicht um die verheerenden Wirkungen, die Kriegs- und 
Nachkriegswucher in unser Volk hineingetragen haben? Und d's 
Gebäude der christlichen Familie, das auf dem Lande wie auf 
gebaut schien! Wanken nicht auch hier bereits die Fundamente re 
den Wellen der „Aufklärung", die auch unser „Land" umbranden i 
Gewiß, du und ich, wir wollen nicht schwarz malen, wir wolle', 
aber auch nicht die Augen verschließen vor Tatsachen, die bestehe..
	        
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