Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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wollen nicht gar denken: „Ja, die Großstadt, aber wir - -." 
Das wäre das Schlimmste. Lernen wir die Not unserer ländlichen 
Zagend erfassen aus ihren Quellen heraus, lernen wir sie aber auch 
verstehen und die Wege suchen, ihr zu begegnen. Und das ist uns 
um vieles leichter gemacht, da wir ja durchweg die häuslichen Ver 
hältnisse unserer Rinder viel besser kennen lernen, als das in der 
Stadt möglich ist. Suchen wir vor allem das Vertrauensverhältnis 
zu unseren Heranwachsenden Schülerinnen inniger zu gestalten, und 
setzen wir das Nutoritätsprinzip gelegentlich mit ruhigem Gewissen 
auf Wartegeld, wir werden der „Not" ein gut Stück näher kommen. 
Der weg zum Elternhaus ist uns auch um so vieles leichter 
wie in der Stadt, vor allem der weg zur Mutter deiner Rinder! 
Fräulein hünermann hat uns in ihrem Referat so viel schätzenswerte 
winke gegeben-, nehmen wir sie gern, und wechseln wir sie um in 
Münze, die bei uns auf dem Lande gilt, wir werden wiederum 
„Nothilfe" leisten, lebendige, in des Wortes wahrstem Sinne „Hilfe". 
Bliebe noch „Not" und „Hilfe" bei unseren Jugendlichen auf 
dem Lande. Davon ein anderes Mal! Gder noch besser, du setzt 
dich hin und schreibst uns davon aus deinen Erfahrungen. Immer 
aber soll uns leiten der Gedanke an „Zugendnot" und „Zugendhilfe" 
auf dem Lande. R. Neisemeyer, Hiltrup i. w. 
Amtliche;. 
Aus Preußen. 
Lehrmittel in den Volksschulen. 
II III A 1329/23. 1. U III E, U VI. Berlin, den 25. Juni 1924. 
Nachdem die Abschnitte 13 bis 38 der Allgemeinen Verfügung über 
Einrichtung, Aufgabe und Ziel der preußischen Volksschule vom 15. Oktober 
1872 durch die Erlasse vom 16. März 1921 - IIIII A 404. 1. - (Zentrbl. 
S. 185) und vom 15. Oktober 1922 - U III A 2060 - (Zentrbl. 1923 
S. 171) ersetzt worden sind, ist es notwendig, auch über die unentbehrlichen 
tjilfsmtttcl für den Unterrichtsbetrieb, insbesondere die Lehrmittel, neue Be 
stimmungen zu treffen. 
Unter Abänderung der bisherigen Vorschriften wird daher folgendes 
angeordnet: 
I. In jeder Volksschule sollen vorhanden sein: 
1. je ein Stuck eines jeden eingeführten Lehr« und Lernbuches, 
2. ein Sandkasten, 
3. je eine Wandkarte des Heimatortes, der weiteren Umgebung des 
Heimatortes (Kreiskarte), der Heimatprovinz, Deutschlands, Europas 
und der beiden Lrdhälften, die letzten drei physikalisch mit ein 
gezeichneten Staatengrenzen, 
4. ein Globus von für den Klassenunterricht ausreichender Größe, 
5. die Meßtischblätter und das Blatt (die Blätter) der amtlichen Karte 
von Deutschland (1:100 000) für die nähere Umgebung des Heimat 
ortes, 
6. eine Sammlung zur Heimatkunde, 
7. einige Wandbilder zur Erdkunde, zur Kulturgeschichte und zur Na 
turkunde, 
8. Buchstabentäfelchen für den Leseunterricht, 
9. Knetmaffe zum Gebrauch der Schüler beim Anfangsunterricht, 
10. einige Geräte und Stoffe zur Vorführung der wichtigsten versuche 
aus dem Gebiet der Naturkunde, darunter eine wage mit Ge 
wichten, ein Thermometer, ein Barometer, eine Lupe und ein gal 
vanisches Element, 
11. ein Anschauungsmittel für den Anfangsunterricht im Rechnen, 
12. Zirkel, Lineal (Reißschiene), Winkeldreieck, Winkelmesser, Meßband 
von mindestens 25 m Länge, 
13. Modelle der wichtigsten geometrischen Körper, 
14. Geige, Stimmgabel, Tafel mit Notenlinien, 
15. die wichtigsten Turn- und Spielgeräte, mindestens Reck, Barren, 
Springgerät (Springständer und Springschnüre), Ziehtau, Schlag, 
balle und Schlaghölzer, Hohlbälle, Malstangen, Steine (Ziegehorm 
oder abgerundet), Meßlatte, Staffelhölzer, 
16. Stell- oder Wandtafeln (Wandanstrich) von ausreichender Flächen 
größe, weiße und bunte Kreide, 
17. ein Stick- und Stopfrahmen für den Unterricht in der Nadelarbeit, 
18. die notwendigsten Werkzeuge und Geräte für den Werkunterricht, 
soweit er durchgeführt ist, 
19. eine Handbücherei, die mindestens enthält: 
a) je einen Abdruck der Reichsverfastimg und der Verfassung des 
Freistaates Preußen, 
d) ein Stück des amtlichen Verordnungsblattes für die Schulen des 
Regierungsbezirkes, 
c) die wichtigsten der in b nicht enthaltenen gesetzlichen Bestim 
mungen und Verordnungen für das Schulwesen (Turnleitfäden, 
Lehrplanrichtlinien usw.), 
ä) einige Handbücher für die verschiedenen Unterrichtsfächer, 
20. eine Schulbücherei von mindestens soviel Bänden, als die durch 
schnittliche Schülerzahl beträgt, 
21. eine Sammlung von in der Schule eingeführten Lernbüchern zur 
Verleihung an minderbemittelte Schüler (hilfsbüchrrei) im Sinne 
des Erlasses vom 21. Dezember 1922 — U III A 2632 - (Zentrbü 
1923 5. 17), 
22. für den evangelischen Religionsunterricht eine Wandkarte von 
Palästina, die Bibel und das Gemeindegesangbuch sowie einiae 
biblische Bilder. 
für den katholischen Religionsunterricht eine Wandkarte von Pa, 
lästina, das Diözesangefang- und Gebetbuch, Wandbilder für den 
Unterricht in der biblischen Geschichte und den religiösen Anschanungr- 
unterricht. 
II. In mrhrklassigen Schulen sind diese Hilfsmittel angemessen zu ergänzen, 
Dafür kommen zunächst in Betracht: 
zu 1: Lehr- und Lernbücher in solcher Zahl, daß jedem Lehrer ein Strich 
jedes in seinem Unterricht gebrauchten Buches zur Verfügung steht' 
zu 3: eine Wandkarte zur geschichtlichen Entwicklung Preußens und des 
Reiches, eine politische Karte von Deutschland, eine Völkerkarte 
von Europa (Mitteleuropa), eine Karte des Sternenhimmels, eins 
wntichaftskarte von Deutschland oder Mitteleuropa, sodann Karten 
der einzelnen Erdteile und der einzelnen Länder Europas: Wetter, 
karten; 
zu 4: Modclle, die die Stellung der Erde im Sonnensystem veranschaulichen; 
zu 6: eine entsprechend größere Zahl von Wandbildern, besonders auch 
solche zum Deutschunterricht, zur Menschenkunde und zur Tech, 
nologie; Einrichtungen für die Verwertung des Lichtbildes, gege, 
benenfalls auch des Laufbildes im Unterricht; 
zu 8: Einrichtungen zur Durchführung von einfachen naturkundlichen 
versuchen seitens der Schüler; Sammlungen von Naturkörpern und 
Präparaten, Schulgarten, Aquarium, Mikroskop; 
zu 12: andere Melodie-und Begleitinstrumente: (Flöte, Laute, Harmonium, 
Klavier); 
zu 13: weitere Spielgeräte, wie große Vollbälle, Schleuderbälle, Gere, 
Lisenkugeln; weitere Turngeräte, wie Stäbe (holz oder besser 
Eisen), Klettergerüst mit Kletterstangen, Leitern, Ringen, Schwede, 
stangen, Stoppuhr, Binden zur Bezeichnung einer Partei beim Spiel; 
zu 17: Nähmaschine(n). 
Ob und inwieweit die Verhältnisse der Schule es erforderlich machen, 
auch die unter II genannten Hilfsmittel zu beschaffen, bestimmt im Zweifels, 
falle die Schulaufsichtsbehörde. 
III. Ich erkenne gern an, daß manche Schulen, besonders die in leipungs, 
fähigeren Schulverbänden, schon jetzt reicher ausgestattet sind, als hier 
gefordert wird. Bei geeignetem planmäßigen Vorgehen muß es jedoch 
auch den weniger leistungsfähigeren Schulverbänden innerhalb einer 
nicht zu langen Zeitraumes möglich sein, ihre Schulen wenigstens mit 
den unter I bezeichneten Lehr- und Hilfsmitteln zu versorgen. Ich 
weise dazu insbesondere noch auf folgende Punkte hin: 
a) Die Instandhaltung der vorhandenen, vielfach auch die Instand, 
setzung beschädigter Lehr- und Hilfsmittel wird sich erheblich ver, 
billigen lassen, wenn die Weisungen meines Erlasses vom 9. April 
1921 — U III A 566 — (Zentrbl. S. 197) noch mehr als bisher 
befolgt werden. Voraussetzung für die Durchführung dieses Er, 
lasses ist allerdings, daß die Schulunterhaltungspflichtigen dir Mittel 
bewilligen, die für die Beschaffung der Werkzeuge und Werkstoffe 
erforderlich sind. 
b) Ein beträchtlicher Teil der genannten Lehr- und Hilfsmittel wird 
auch in gemeinsamer werkarbeit des Lehrers und der Schüler 
beschafft oder neu hergestellt werden können, besonders wenn sie 
dabei gelegentlich vom Elternbeirat oder von sachkundigen Mit, 
gliedern der Schulgemeinde beraten und unterstützt werden. Die 
Sammlung zur Heimatkunde (I, 6) wird stets, die Karte des Heimat 
ortes (I, 3) in der Regel in dieser weise selbst herzustellen sein. 
Aber auch die unter 1, 2, 8, 9, 13 und 15 sowie eine Reihe der 
übrigen, auch der unter II genannten Lehr- und Hilfsmittel können 
ohne allzu große Schwierigkeiten von Schülern und Lehrern ganz 
oder teilweise selbst angefertigt oder beschafft werden. 
c) Immerhin wird ein Teil der genannten Lehr- und Hilfsmittel, wo 
er noch fehlt oder völlig unbrauchbar geworden ist, neu beschafft 
werden müssen. Die Regierung, das Provinzialschulkollegium wolle 
dafür Sorge tragen, daß für die Schulen, in denen die für ihren 
Betrieb, notwendigen Lehr- und Hilfsmittel noch nicht sämtlich vor 
handen sind, ein Plan aufgestellt wird, nach dem bei ihrer Be» 
schaffung zu verfahren ist. Ls ist so einzurichten, daß die Schulen 
mit den Anschaffungen tunlichst bald, spätestens zu Anfang des 
nächsten Schuljahres beginnen und Ostern 1932 in der oben be 
zeichneten weise ausgestattet sind. Die Beschaffungspläne sind der 
Schulaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Angemessene 
Geldbetläge sind, soweit erforderlich, in die Schulhaushaltsplüne 
der kommenden Jahre einzustellen, wenn darüber hinaus auch 
die Schulen selbst gelegentliche Einnahmen aus Elternabenden ocer 
ähnlichen Veranstaltungen für Lehrmittelbelchaffung verwenden, so 
ist dies zu begrüßen. In die Haushaltspläne find derartige Ein 
nahmen nicht aufzunehmen. 
Ich erwarte, daß die Schulaufsichtsbehörden, die Schulverbände, dis 
Elternbeiräte und die Lehrer der Frage der Ledrmittelverforgung in Zu 
kunft ihre besondere Teilnahme zuwenden; es muß gelingen, alle Beteiligten 
davon zu überzeugen, daß die Durchführung der hier aufgestellten For- 
derungen für den Erfolg der Schularbeit im Sinne der Erlasse vom 
16. März 1921 — U III A 404 1. - und von 15. Oktober 1922 - ü III A 
2060 — unerläßliche Voraussetzung ist. 
Es ist angeregt worden, far jeden Regierungsbezirk eine Beratungs 
stelle für den Ankenrf und die Herrichtung von Lehrmitteln zu schaffen,
	        
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