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wollen nicht gar denken: „Ja, die Großstadt, aber wir - -."
Das wäre das Schlimmste. Lernen wir die Not unserer ländlichen
Zagend erfassen aus ihren Quellen heraus, lernen wir sie aber auch
verstehen und die Wege suchen, ihr zu begegnen. Und das ist uns
um vieles leichter gemacht, da wir ja durchweg die häuslichen Ver
hältnisse unserer Rinder viel besser kennen lernen, als das in der
Stadt möglich ist. Suchen wir vor allem das Vertrauensverhältnis
zu unseren Heranwachsenden Schülerinnen inniger zu gestalten, und
setzen wir das Nutoritätsprinzip gelegentlich mit ruhigem Gewissen
auf Wartegeld, wir werden der „Not" ein gut Stück näher kommen.
Der weg zum Elternhaus ist uns auch um so vieles leichter
wie in der Stadt, vor allem der weg zur Mutter deiner Rinder!
Fräulein hünermann hat uns in ihrem Referat so viel schätzenswerte
winke gegeben-, nehmen wir sie gern, und wechseln wir sie um in
Münze, die bei uns auf dem Lande gilt, wir werden wiederum
„Nothilfe" leisten, lebendige, in des Wortes wahrstem Sinne „Hilfe".
Bliebe noch „Not" und „Hilfe" bei unseren Jugendlichen auf
dem Lande. Davon ein anderes Mal! Gder noch besser, du setzt
dich hin und schreibst uns davon aus deinen Erfahrungen. Immer
aber soll uns leiten der Gedanke an „Zugendnot" und „Zugendhilfe"
auf dem Lande. R. Neisemeyer, Hiltrup i. w.
Amtliche;.
Aus Preußen.
Lehrmittel in den Volksschulen.
II III A 1329/23. 1. U III E, U VI. Berlin, den 25. Juni 1924.
Nachdem die Abschnitte 13 bis 38 der Allgemeinen Verfügung über
Einrichtung, Aufgabe und Ziel der preußischen Volksschule vom 15. Oktober
1872 durch die Erlasse vom 16. März 1921 - IIIII A 404. 1. - (Zentrbl.
S. 185) und vom 15. Oktober 1922 - U III A 2060 - (Zentrbl. 1923
S. 171) ersetzt worden sind, ist es notwendig, auch über die unentbehrlichen
tjilfsmtttcl für den Unterrichtsbetrieb, insbesondere die Lehrmittel, neue Be
stimmungen zu treffen.
Unter Abänderung der bisherigen Vorschriften wird daher folgendes
angeordnet:
I. In jeder Volksschule sollen vorhanden sein:
1. je ein Stuck eines jeden eingeführten Lehr« und Lernbuches,
2. ein Sandkasten,
3. je eine Wandkarte des Heimatortes, der weiteren Umgebung des
Heimatortes (Kreiskarte), der Heimatprovinz, Deutschlands, Europas
und der beiden Lrdhälften, die letzten drei physikalisch mit ein
gezeichneten Staatengrenzen,
4. ein Globus von für den Klassenunterricht ausreichender Größe,
5. die Meßtischblätter und das Blatt (die Blätter) der amtlichen Karte
von Deutschland (1:100 000) für die nähere Umgebung des Heimat
ortes,
6. eine Sammlung zur Heimatkunde,
7. einige Wandbilder zur Erdkunde, zur Kulturgeschichte und zur Na
turkunde,
8. Buchstabentäfelchen für den Leseunterricht,
9. Knetmaffe zum Gebrauch der Schüler beim Anfangsunterricht,
10. einige Geräte und Stoffe zur Vorführung der wichtigsten versuche
aus dem Gebiet der Naturkunde, darunter eine wage mit Ge
wichten, ein Thermometer, ein Barometer, eine Lupe und ein gal
vanisches Element,
11. ein Anschauungsmittel für den Anfangsunterricht im Rechnen,
12. Zirkel, Lineal (Reißschiene), Winkeldreieck, Winkelmesser, Meßband
von mindestens 25 m Länge,
13. Modelle der wichtigsten geometrischen Körper,
14. Geige, Stimmgabel, Tafel mit Notenlinien,
15. die wichtigsten Turn- und Spielgeräte, mindestens Reck, Barren,
Springgerät (Springständer und Springschnüre), Ziehtau, Schlag,
balle und Schlaghölzer, Hohlbälle, Malstangen, Steine (Ziegehorm
oder abgerundet), Meßlatte, Staffelhölzer,
16. Stell- oder Wandtafeln (Wandanstrich) von ausreichender Flächen
größe, weiße und bunte Kreide,
17. ein Stick- und Stopfrahmen für den Unterricht in der Nadelarbeit,
18. die notwendigsten Werkzeuge und Geräte für den Werkunterricht,
soweit er durchgeführt ist,
19. eine Handbücherei, die mindestens enthält:
a) je einen Abdruck der Reichsverfastimg und der Verfassung des
Freistaates Preußen,
d) ein Stück des amtlichen Verordnungsblattes für die Schulen des
Regierungsbezirkes,
c) die wichtigsten der in b nicht enthaltenen gesetzlichen Bestim
mungen und Verordnungen für das Schulwesen (Turnleitfäden,
Lehrplanrichtlinien usw.),
ä) einige Handbücher für die verschiedenen Unterrichtsfächer,
20. eine Schulbücherei von mindestens soviel Bänden, als die durch
schnittliche Schülerzahl beträgt,
21. eine Sammlung von in der Schule eingeführten Lernbüchern zur
Verleihung an minderbemittelte Schüler (hilfsbüchrrei) im Sinne
des Erlasses vom 21. Dezember 1922 — U III A 2632 - (Zentrbü
1923 5. 17),
22. für den evangelischen Religionsunterricht eine Wandkarte von
Palästina, die Bibel und das Gemeindegesangbuch sowie einiae
biblische Bilder.
für den katholischen Religionsunterricht eine Wandkarte von Pa,
lästina, das Diözesangefang- und Gebetbuch, Wandbilder für den
Unterricht in der biblischen Geschichte und den religiösen Anschanungr-
unterricht.
II. In mrhrklassigen Schulen sind diese Hilfsmittel angemessen zu ergänzen,
Dafür kommen zunächst in Betracht:
zu 1: Lehr- und Lernbücher in solcher Zahl, daß jedem Lehrer ein Strich
jedes in seinem Unterricht gebrauchten Buches zur Verfügung steht'
zu 3: eine Wandkarte zur geschichtlichen Entwicklung Preußens und des
Reiches, eine politische Karte von Deutschland, eine Völkerkarte
von Europa (Mitteleuropa), eine Karte des Sternenhimmels, eins
wntichaftskarte von Deutschland oder Mitteleuropa, sodann Karten
der einzelnen Erdteile und der einzelnen Länder Europas: Wetter,
karten;
zu 4: Modclle, die die Stellung der Erde im Sonnensystem veranschaulichen;
zu 6: eine entsprechend größere Zahl von Wandbildern, besonders auch
solche zum Deutschunterricht, zur Menschenkunde und zur Tech,
nologie; Einrichtungen für die Verwertung des Lichtbildes, gege,
benenfalls auch des Laufbildes im Unterricht;
zu 8: Einrichtungen zur Durchführung von einfachen naturkundlichen
versuchen seitens der Schüler; Sammlungen von Naturkörpern und
Präparaten, Schulgarten, Aquarium, Mikroskop;
zu 12: andere Melodie-und Begleitinstrumente: (Flöte, Laute, Harmonium,
Klavier);
zu 13: weitere Spielgeräte, wie große Vollbälle, Schleuderbälle, Gere,
Lisenkugeln; weitere Turngeräte, wie Stäbe (holz oder besser
Eisen), Klettergerüst mit Kletterstangen, Leitern, Ringen, Schwede,
stangen, Stoppuhr, Binden zur Bezeichnung einer Partei beim Spiel;
zu 17: Nähmaschine(n).
Ob und inwieweit die Verhältnisse der Schule es erforderlich machen,
auch die unter II genannten Hilfsmittel zu beschaffen, bestimmt im Zweifels,
falle die Schulaufsichtsbehörde.
III. Ich erkenne gern an, daß manche Schulen, besonders die in leipungs,
fähigeren Schulverbänden, schon jetzt reicher ausgestattet sind, als hier
gefordert wird. Bei geeignetem planmäßigen Vorgehen muß es jedoch
auch den weniger leistungsfähigeren Schulverbänden innerhalb einer
nicht zu langen Zeitraumes möglich sein, ihre Schulen wenigstens mit
den unter I bezeichneten Lehr- und Hilfsmitteln zu versorgen. Ich
weise dazu insbesondere noch auf folgende Punkte hin:
a) Die Instandhaltung der vorhandenen, vielfach auch die Instand,
setzung beschädigter Lehr- und Hilfsmittel wird sich erheblich ver,
billigen lassen, wenn die Weisungen meines Erlasses vom 9. April
1921 — U III A 566 — (Zentrbl. S. 197) noch mehr als bisher
befolgt werden. Voraussetzung für die Durchführung dieses Er,
lasses ist allerdings, daß die Schulunterhaltungspflichtigen dir Mittel
bewilligen, die für die Beschaffung der Werkzeuge und Werkstoffe
erforderlich sind.
b) Ein beträchtlicher Teil der genannten Lehr- und Hilfsmittel wird
auch in gemeinsamer werkarbeit des Lehrers und der Schüler
beschafft oder neu hergestellt werden können, besonders wenn sie
dabei gelegentlich vom Elternbeirat oder von sachkundigen Mit,
gliedern der Schulgemeinde beraten und unterstützt werden. Die
Sammlung zur Heimatkunde (I, 6) wird stets, die Karte des Heimat
ortes (I, 3) in der Regel in dieser weise selbst herzustellen sein.
Aber auch die unter 1, 2, 8, 9, 13 und 15 sowie eine Reihe der
übrigen, auch der unter II genannten Lehr- und Hilfsmittel können
ohne allzu große Schwierigkeiten von Schülern und Lehrern ganz
oder teilweise selbst angefertigt oder beschafft werden.
c) Immerhin wird ein Teil der genannten Lehr- und Hilfsmittel, wo
er noch fehlt oder völlig unbrauchbar geworden ist, neu beschafft
werden müssen. Die Regierung, das Provinzialschulkollegium wolle
dafür Sorge tragen, daß für die Schulen, in denen die für ihren
Betrieb, notwendigen Lehr- und Hilfsmittel noch nicht sämtlich vor
handen sind, ein Plan aufgestellt wird, nach dem bei ihrer Be»
schaffung zu verfahren ist. Ls ist so einzurichten, daß die Schulen
mit den Anschaffungen tunlichst bald, spätestens zu Anfang des
nächsten Schuljahres beginnen und Ostern 1932 in der oben be
zeichneten weise ausgestattet sind. Die Beschaffungspläne sind der
Schulaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Angemessene
Geldbetläge sind, soweit erforderlich, in die Schulhaushaltsplüne
der kommenden Jahre einzustellen, wenn darüber hinaus auch
die Schulen selbst gelegentliche Einnahmen aus Elternabenden ocer
ähnlichen Veranstaltungen für Lehrmittelbelchaffung verwenden, so
ist dies zu begrüßen. In die Haushaltspläne find derartige Ein
nahmen nicht aufzunehmen.
Ich erwarte, daß die Schulaufsichtsbehörden, die Schulverbände, dis
Elternbeiräte und die Lehrer der Frage der Ledrmittelverforgung in Zu
kunft ihre besondere Teilnahme zuwenden; es muß gelingen, alle Beteiligten
davon zu überzeugen, daß die Durchführung der hier aufgestellten For-
derungen für den Erfolg der Schularbeit im Sinne der Erlasse vom
16. März 1921 — U III A 404 1. - und von 15. Oktober 1922 - ü III A
2060 — unerläßliche Voraussetzung ist.
Es ist angeregt worden, far jeden Regierungsbezirk eine Beratungs
stelle für den Ankenrf und die Herrichtung von Lehrmitteln zu schaffen,