Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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lischem Boden betreiben, entsprechend dem Geiste der Kirche und 
den Anforderungen der Zeit, die sich im Rahmen der Kongregationen 
nicht voll verwirklichen lassen. 
2. Bei der Erhaltung und Gründung katholischer Schülcrinnen- 
vereinigungen soll die von der Kirche gutgeheißene Marianische 
Kongregation möglichst Berücksichtigung finden. Die Frage, ob die 
Schülerinnen in die pfarrkongregationen eintreten oder in besonderen 
Kongregationen an der Schule gesammelt werden, ist nach den ört 
lichen Verhältnissen zu regeln. 
Rn Schulen, an denen eine blühende Schülerinnenkongregation 
besteht und den Anforderungen genügt, kann diese der Ausgangs 
punkt der Schülerinnenvereinigung sein und durch weitere Aus 
gestaltung in der Richtung der modernen Schülerinnenvereinigungen 
den heutigen Bedürfnissen der Schülerinnen entgegenkommen (Ein 
richtung besonderer Gruppen zur wissenschaftlichen Vertiefung, zur 
pflege der Missionsbestrebungen, Karitas, Kunst u. a.). 
Dort, wo die Kongregation nicht den geeigneten Boden zur 
Erfassung aller Schülerinnen zu bilden vermag, mögen andere 
Schülerinnenvereinigungen gegründet werden. An derselben Anstalt 
sollen nicht Kongregation und Schülerinnenoereinigung 
selbständig nebeneinander bestehen, sondern jene werde dieser 
als besondere Gruppe eingegliedert. An Grten mit mehreren Schulen 
soll nur ein (vrtsoerein für alle katholischen Schülerinnen gebildet 
werden, in dem die Schulen mit gleichen Rechten vertreten sind; die 
Bildung von Gruppen an den einzelnen Anstalten und einer Kon 
gregation im Vereine ist zu erstreben. 
4. Die SchülerinnenvFeinigung soll im engen Anschluß an die 
Kirche katholisches Leben pflegen; sie läßt zugleich der Selbstverwaltung 
und Selbstbetätigung der Schülerinnen und ihrer jugendlichen Lebens 
art weiten Spielraum. 
5. Unbeschadet der Selbstverwaltung der Mitglieder soll ein Reli 
gionslehrer und eine Frau dem örtlichen Vorstande angehören." 
vom-Standpunkte der Erziehung aus müssen wir Lehrerinnen 
uns unbedingt erklären für ein Nebeneinander von Kongregation und 
Jugendbewegungsgruppen, so daß der Kongregationsgedanke an 
Innerlichkeit und Tiefe gewinnt, der Jugendbewegung der volle 
Eigenwert verbleibt, zumal da sie stärker die Erhaltung der weib 
lichen Eigenart betont. 
Dieser Einigung, die hier so kurz in Form gebracht ist, sind 
schwere Kämpfe vorausgegangen, wie stark hat sich die Jugend 
aufgelehnt gegen alles, was Bindung heißt, wie hat sie geschmäht 
gegen jedes Programm, das Bevormundung sein konnte. Die Frei 
deutschen machten Front gegen die Bezeichnung: Jugendpflege 
(Walter Tlaßen: Großstadtjugend). 
wir wollen die Jugend nicht in füllen pressen, wir wollen 
sie zur freien Willensentscheidung bringen, ihr den eigenen Lebensstil, 
Eigenart lassen, in ihren Gruppen wertvolle Erziehungs 
gemeinschaften sehen, in denen Reife, Starke die kluge Führung 
übernehmen. Dann ist es unmöglich, daß Entartung und Verwilde 
rung um sich greifen, dann muß ringendes Leben zur Festigung, 
wallendes'Gefühl zu klarem Denken und zielsicherem handeln kommen, 
dann bindet gemeinsames Leben, gemeinsames geistiges Schicksal 
Jugendbewegung und Jugendpflege, Führer und Autoritäten. 
Handarbeit und Hauswirtschaft 
in der zukünftigen Lehrerinnenbildung. 
T)on <E. Lüke, Bochum. 
Die Lehrerbildung ist aus praktischen Gründen \b grundsätz 
lichen Erwägungen immer noch heiß umstritten. Für uns kann das 
Ziel nur die Heranbildung von Lehrerinnen sein, die als sittlich 
gefestigte, von katholischer Glaubensausfassung getragene, methodisch 
und wissenschaftlich durchgebildete Erzieherpersönlichkeiten edelste 
Frauenart in eine neue Generation hineinleben können und wollen. 
In diesem Artikel sei diö Betonung auf die Notwendigkeit einer 
besonderen Lehrerinnenbildung, auf die Ausbildung der Lehrerin 
zur Frauenpersönlichkeit gelegt und unter diesem Gesichtspunkt 
die Frage gestellt, ob eine besondere Fachausbildung für ausgeprägt 
weibliche Fächer die glücklichste Lösung für die Volksschule ist. 
Folgende Zeilen wollen eine Beantwortung dieser Frage vom erzieh 
lichen Standpunkt versuchen und wünsche für die zukünftige Aus 
bildung aussprechen, die in keiner weise die ausgebildeten technischen 
Lehrerinnen in ihrer Existenz gefährden wollen. 
Die Lehrerinnenbildung wird bestimmt durch die Bedürfnisie der 
Mädchenerziehung, deren vielseitige Aufgaben unter dem einen 
Ziel stehen, zum katholischen Frauentum zu erziehen. Das bedeutet, 
in unzähligen inneren und äußeren Hemmungen die innere Kraft 
und praktische Tüchtigkeit wecken und pflegen, welche die heim 
schaffende Tochter, Schwester und Mutter ihrer jetzigen oder zukünf 
tigen Familie schenken soll; d. h. einen inneren Reichtum an 
fraulicher Güte und mädchenhafter Sinnigkeit, an gemütvoller ver- 
fsinerungs- und Vergeistungsfähigkeit des Lebens, an würde und 
Takt, an Lebensmut und Charakterstärke schaffen, der nicht arm 
und dürr wird in der nüchternsten Fron mechanischen Berufslebens; 
d. h. eine Frauenauffassung schaffen, die nichts anderes sein will, 
als ganz Mädchen und Frau. 
Dieses hoch gespannte und doch nur einzig natürliche Erziehungsziel 
unserer Mädchenvolksschule (vgl. Nr. 14 Das Ziel der Mädchen- 
volksschule von A. Breuer) stellt hohe Anforderungen an die Per 
sönlichkeit der Lehrerin. Auch sie muß ganz Frau sein, nicht nur 
geistig, religiös, sozial, nein, auch praktisch. Eine allseitig aus 
gebildete Frauenperjönlichkeit verlangt auch eine Entwicklung der 
praktischen weiblichen Anlagen, nicht in erster Linie als Unterrichts- 
fertigkeiten, sondern um der erziehlichen Einwirkung durch 
das Spezifisch-Weibliche willen. 3u diesem „Spezifisch-Weib 
lichen" gehört auch die Erweckung aller heimgestaltenden Kräfte, 
welche für die Lehrerin als die Erzieherin zur fraulichen Art fast 
so wichtig ist als für die Mutter. Die Vergangenheit hat zu wenig 
den wert hausfraulicher Ertüchtigung für die Lehrerin zu schätzen 
gewußt, zu wenig die feinen Wirkungen einer Erzieherin gesehen, 
welche die praktisch weiblichen Anlagen in sich entwickelt, vielleicht 
sogar aus nüchternen, soliden Fertigkeiten in Handarbeit, Haus 
wirtschaft ins Künstlerische vergeistigt hat. Sie hat nicht die 
besonderen Lrziehungsdispositionen, die gerade in diesen Fächern 
der inneren Führung der Lehrerin stark entgegenkommen, zu 
würdigen verstanden. Die Vergangenheit hat dem rein intellektua- 
listischen Bildungsideal und der Unterschätzung körperlicher Arbeit 
in der Lehrerinnenbildung eine bedauerliche Konzession gemacht und 
manchmal zu einem Lehrerinnentyp geführt, der bei aller hohen 
seelsorglichen Berufsauffassung einseitig und eng sein konnte, weil er 
feine verborgene (Quellen gemütvoller, lebensbejahender Fraulichkeit 
in sich verschüttet hatte. 
In diesem Zusammenhang ist der Wunsch verständlich, daß es 
Ehrensache und noch mehr innere Notwendigkeit der Lehrerinnen 
bildung sein müßte, nicht nur eine Kopie der Lehrerbildung zu sein, 
sondern gerade die besonders fraulichen Anlagen — geistige und 
praktische — zu pflegen, durch die wir allein und besondersartig 
auf die Mädchen wirken können. 
Dieser Wunsch wird unterstützt durch psychologische Forde 
rungen, die die Erziehung als obersten Grundsatz für die Volksschule 
aufstellen. Die Volksschule hat um des Erziehungsgedankens willen 
das Prinzip des Fachunterrichts abgelehnt, wertvoller als das in 
erster Linie um rein wissenschaftlicher Ergebnisse geschaffene Fach- 
system erscheint ihr die Entwicklung aller körperlichen, geistigen und 
seelischen Kräfte des jungen Menschen durch eine allseitig aus 
gebildete Persönlichkeit. Aus dieser sich durch jahrelange Praxis 
bewährten Auffassung, die psychologisch in der Macht der Persön 
lichkeit, in der Möglichkeit individuellster Behandlung der Kinder, 
in der feinsten inneren Einstellung und Einfühlung des einen 
Lehrers auf die eine Klaffe ihre Erklärung findet, fließt die immer 
lauter erhobene Forderung von Gesamtunterricht und Gesamt 
erziehung. Ihre Stärke liegt in der formalen Bildung durch 
Ideen und Motive, in der Unterordnung des Stoffes unter den 
Gedanken der seelischen Entwicklung und Reifung, in der Wirkung 
durch ein Ziel und einen Erzieher. Die moderne Willenspsychologie 
verlangt die Verschmelzung von Wertkomplexen zu einer harmonischen 
Motiveinheit, zu einem Lebensideal, vorgelebt durch eine Erzieher 
persönlichkeit. Ins Schulpraktische übersetzt heißt das: Das Ideal 
ist die Vereinigung aller Fächer in einer Persönlichkeit, zu einem 
Lebenskreis, der in der Gberklaffe — sei es als Familienkreis, als 
Kreis der Volksgemeinschaft — immer auf den Ton gestimmt sein 
müßte: Ich will alles lernen, was eine Frau im Leben können 
muß, der diesen willen stärkt durch die Lehrerin, in deren Hand
	        
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