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Die Vorbildung für berufstechnische Lehrer und Lehrerinnen an Berufs-
schulen fällt nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes.
§ 2. Zur Berufsausbildung ist der Besuch einer Universität oder einer
technischen oder künstlerischen Hochschule und praktisch-pädagogische Schulung
erforderlich. Die näheren Unforderungen für den Bildungsgang der Lehrer
sind im lvege der Verordnung durch die Reichsregierung mit Zustimmung
des Reichsrats zu regeln. Die Verordnung ist innerhalb eines Jahres nach
Erlaß dieses Gesetzes zu erlassen.
§ 3, Die bisherigen Anstalten zur Ausbildung von Volksschullehrern
und Volksschullehrerinnen sind aufzuheben. Statt der Aufhebung ist ein
Abbau zulässig, der spätestens mit dem Schuljahr 1925/26 beginnen und
klassenweise durchgeführt werden muß.
Z 4. Bis zum 30. September 1931 kann die Befähigung als Lehrer
und Lehrerin an einer öffentlichen Lehranstalt noch nach den von den
Ländern erlassenen Bestimmungen erworben werden.
Die Länder bleiben befugt, auch nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
die von ihnen bisher erlassenen Bestimmungen zu ergänzen oder zu ändern.
Rach dem 30. September 1931 kann die Lehrbefähigung indes nur auf
Grund der reichsrechtlich erlassenen Vorschriften erworben werden.
§ 5. Volksschullehrer und Volksschullehrerinnen, die die bisherigen
Anstalten zur Ausbildung von Volksschullehrern und Volksschullehrerinnen
besucht haben, werden nach bestandener Seminarabgangsprüfung — erste
Lehrerprüfung — an den Universitäten und technischen Hochschulen de-
Deutschen Reiches als ordentliche Hörer zugelassen mit der Berechtigung zur
Ablegung einer Abschlußprüfung in Pädagogik.
§ 6. Der Reichsminister des Innern wird mit der Ausführung dieses
Gesetzes beauftragt. Die Ausführung des § 5 obliegt den Landesregierungen.
Leitsätze
für die künftige Lehrerbildung in den technischen Fächern.
(Aufgestellt vom Landesverein preußischer Technischer Lehrerinnen.)
1. Die Vorbildung für die Erteilung des technischen Unterrichts erfolgt
Künftig innerhalb der Gesamtlehrerbildung. Die bisherigen Sonderlehr
anstalten sind abzubauen.
2. Die Allgemeinbildung ist danach nur durch den erfolgreichen Besuch
einer zur Hochschulreife führenden Bildungsanstalt zu erwerben. Für tech
nisch besonders begabte Schülerinnen sind entsprechende Ausbildungsmöglich
keiten zu schaffen. (Bei der evtl. Einführung eines technischen Gberzuges
wäre streng darauf zu achten, daß die Anforderungen für die Erlangung
der Reife zurückbleiben. Es würde genügen, wenn von 0 II an wöchent
lich zwei Stunden wahlfreier Nadelarbeitsunlerricht ermöglicht würden, wie
es in den Plänen für das Dberlpzeum z. B. für Latein schon vorgesehen ist.)
3. Die Berufsausbildung gliedert sich in einen wissenschaftlichen und
praktisch-pädagogischen Teil.
4. Die wissenschaftliche Ausbildung vollzieht sich auf der Hochschule und
umfaßt in erster Linie das Studium der Erziehungswissenschaften.
5. Dio praktisch.pädagogische Ausbildung erfolgt in einem pädagogischen
Institut.
6. Dem pädagogischen Institut ist eine Iverkakademie einzugliedern,
die die technische Ausbildung der Volksschullehrer übernimmt.
7. In der Werkakademie erwirbt der Lehrer Fertigkeiten im Zeichnen, I
Basteln, Formen, Musik usw., soweit sie für die Grundschule erforderlich
sind. Gleichzeitig gibt die Werkakademie Gelegenheit zum Studium eines
technischen Sonderfaches. AIs solche gelten: Radelarbeit, Hauswirtschaft und
Gartenbau, Zeichnen, Musik, Turnen, Handfertigkeit.
8. Den Abschluß bildet eine Prüfung, auch in dem Sonderfach.
(preuß. Volksschullehrerinnenzeitung Nr. 11.)
Meinungsaustausch.
von Mitgliedern der Abteilung für höhere Mä-chenbildung
geht uns folgende Zuschrift zu:
In der Sitzung der Abteilung für höhere Mädchenbildung bei
der Hauptversammlung zu Hamburg wurde beschlossen, die Rasse der
Abteilung aufzulösen. Die Mitglieder der Abteilung zahlen also
wie alle anderen Mitglieder des Vereins katholischer deutscher Lehre
rinnen den vereinsbeitrag, der an die Hauptkasse abgeliefert wird,
und den Beitrag für den Bezirksverein, zu dem sie gehören. Sie
halten aber an den Grten, an denen Arbeitsgruppen der Abteilung
bestehen, eigene Sitzungen ab. Diese verursachen Unkosten: Miete
der Bäume, im lvinter Heizung und Beleuchtung; es werden Redner
gewonnen, Bücher zum gemeinsamen Studium besorgt usw. Außer
dem Beitrag für den Bezirksverein noch einen Beitrag für die Ab
teilung aufzubringen, ist für die meisten Kolleginnen nicht möglich,
denn gerade die Lehrerinnen an höheren Schulen sind zum großen
Teil schlechter gestellt als die Volksschullehrerinnen, da sie ja mit
wenigen Ausnahmen an Privatschulen angestellt sind. U)ir möchten
deshalb den Vorschlag machen, daß an den Grten, in denen sich
Arbeitsgruppen der Abteilung für höhere Mädchenbildung befinden,
ihren Mitgliedern die Hälfte des Bezirksvereinsbeitrages erlassen
wird und sie diese Hälfte für die Arbeitsgruppen verwenden. Bei
gutem Willen ließe sich das gewiß durchführen. Die Bezirksvereine
erleiden keinen großen Verlust, da ja die Mitglieder der Abteilung
überall nur einen geringen Teil der Lesamtmitgliederzahl ausmachen,
und den Arbeitsgruppen wäre dadurch ein großer Dienst erwiesen',
wir bitten den Vorstand der in Betracht kommenden Bezirksvereine,
zu dieser Frage in der Wochenschrift Stellung zu nehmen, und bitten
herzlich um freundliches Entgegenkommen.
Aus Württemberg.
In unserer Wochenschrift fand ich schon vor Wochen eine Einladung zu
den Exerzitien in Unterw.archtal. Meine Freude darüber ist groß, und ich
habe mich auch zeitig gemeldet. Aber die Bekanntgabe der Mitglied er.
Versammlung habe ich bis heute vergeblich gesucht. Auf eine Anfrage bei
unserer Bezirksvorsitzenden erhielt ich die Antwort, es sei am Vorabend der
Exerzitien eine „vertrauliche Besprechung". Die Geschäftsordnung derselben
konnte mir nicht angegeben werden. Run möchte ich mal meine Rolleginnen
fragen, ob sie mit mir der gleichen Meinung sind, wenn ich ine beschluß
fähige Miigliederversammlung für notwendig erachte, und zwareaus zweierlei
Gründen
1. haben wir viele Berufs- und vereinsfragen zu besprechen, die an
den Beschluß einer Mitgliederversammlung gebunden sind. Ich erinnere
nur an die Kbbauhilse für unsere lieben Junglehrerinnen, an die Einstufung
der Lehrerinnen in die IX. Gehaltsgruppe, an die Verwendung der Lehrr-
rinnen an Gberklafsen, an den zu gründenden Unterrichtsbeirat. an unsere
Stellungnahme zur Turnkleidung und zum gemeinsamen Baden, an die so
notwendige Abhaltung von Kursen.
weiter sind wichtige vereinsangelegenheilen zu ordnen, wie ich er.
fahren, hat die 2. Vorsitzende ihr Amt niedergelegt; ihr Platz muß wieder
ersetzt werden durch allgemeine Wahl. Und wie mir in Gmünd gesagt
worden, hat unsere verdiente Rassiererin auch keine Lust mehr, die Vereins
groschen noch längere Zeit zu sammeln und zu verwalten.
vielleicht muß auch in diesem Amt an eine Rachfolgerin gedacht werden.
Und dann die Neuordnung unserer sehr veralteten Statuten! was soll aus
einem vereine werden, der ohne gutes Steuer mit den wogen des Lebens
kämpft?
Ferner wird es wohl manche Mitglieder interessieren, was mit unserer
225 Bänden großen vereinsbibliothek geschehen ist, von wem Bücher zu
erbitten sind, welche Neuanschaffungen gemacht worden usw.
2. haben auch wirAvürttemberger Lehrerinnen einen Gemeinschaftssinn,
ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, ein Standesbewußtsein, das uns immer
wieder zusammenführen möchte. Der Gautag am 29. 6. im benachbarten
Mosbach und so manch anderes schönes Beisammensein unserer Rachbar.
Kolleginnen erfüllt uns Schwaben immer mit dem verlangen nach gegen
seitigem Geben und Rehmen, nach geschloffener, einmütiger Arbeit.
Bei der Hauptversammlung in Paderborn war Württemberg der ein»
zige Bundesstaat, der keine Delegierte schickte, (Hört!) Frl. Mildner, die
Bezirksvorsitzende in Heilbronn, und Frl. Unterlöhner, die BczirKsvorsitzende
in Stuttgart sind zwar mit frohem Mut nach Norden gefahren, und haben
der großartigen pfingsttagung angewohnt. Aber sie konnten dort nur rhre
eigene Ansicht vertreten, nicht die des Landes Württemberg, weil sie nicht
I von den Bezirken gewählt und entsandt waren. Unser Vorstand lehnte die
Bitte, wenigstens eine Delegierte nach Paderborn zu schicken, ab, ohne die
Bezirke gehört zu haben. Ejört, meine teuren Rolleginnen, wollen wir nicht
endlich etwas hervortreten aus unserer Zurückgezogenheit? wollen wir
nicht geschloffen zusammenstehen als tüchtige Lehrerinnen, die ihre Pflichten
und Rechte in Schule, verein und Gffentlichkeit kennen?
Rur der Zeit.
Aus Preußen.
Misfionstagung in Berlin.
Nach zweijähriger Unterbrechung fand in Berlin eine Missionstagung.
eine Besprechung der Gbrren jener Grden und Genossenschaften statt, die
in den auswärtigen Missionen arbeiten. 20 verschiedene Drden und
Genossenschaften waren vertreten. 6m zweiten Tage der Versammlung
waren auch die Vertreter der Regierungsbehörden und der Parlamente
geladen.
Den Vorsitz führte der hochwürdige Herr 6bt von Münster-Schwarzbach,
Placidus Vogel, der die Erschienenen begrüßte und der Regierung dankte
für das Verständnis und die Unterstützung, die diese den Missionsbestre-
bungen bis jetzt zuteil werden ließ.
?. Freitag von der Sterflrr Milsion sprach über die kulturelle Bedeutung
der Arbeit der Missionare. Ein reiches Arbeitsfeld biete das Schulwesen.
Er erwähnte, daß in den 30 Jahren, in denen deutsche katholische Missionare
in den Rolonien tätig gewesen seien, die deutschen katholischen Missionare
eine Vorrangstellung vor allen anderen missionierenden Rationen erreicht
hätten.
Allein in den deutschen Rolonien gab es 220! katholische Missions
schulen, die von 131 161 Rindern (darunter 120000 getauften) besucht
wurden. Daneben bestanden noch 1117 Regierungsschulen und eine kleinere
Anzahl von protestantischen Missionsschulen. Vir aller katholischen Missions
schulen, die von Vio aller Missionsschüler besucht werden, werden auch jetzt
nach dem Verlust unserer Rolonien von deutschen Missionaren und Schwestern
besorgt, dabei find nur Vis aller missionierenden Katholiken deutsch.
Diese Erfolge auch jetzt nach dem Kriege waren zum Teil ermöglicht
durch die weitgehende Freiheit und Förderung, die die Rolonialverwallung