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Mit monatlicher Seilage „Die Junge Lehrerin".
27tr. 37. Jahrgang Paderborn- 22. November *92^
Inhalt: 2. HX., Die Mitwirkung der Schule bei der Berufsberatung
S. 417. Hornung, Zur Lehrerbildung in Baden S. 419. Krippen S. 419
M. Sr., Gedanken zum Mädchenturnen S. 420. Unsere neue Studienkasse
S. 420. pädagogische Rundschau: Die Bedeutung des heimatschul-
Hedankens für die volkserziehung S. 421. Meinungsaustausch: Unser
slNütterabend. 3ur Modefrage. Rus unserem Verein: Rn die ver
heirateten Lehrerinnen im besetzten Gebiet. Jahresbericht 1925. Unter»
Htützungskasfe. heim Pyrmont. Gaulag Essen. Tagung Grüssau. Baden.
Messen. Bezirks- und Zweigvereine. Merktafel. Bücher-
Besprechungen.
Die Mitwirkung der Schule bei der verusrberatung.
von T. M.
vor fünfzehn Jahren war die Berufsberatung noch eine private
und rein weibliche Angelegenheit. Wohlmeinende Einzelpersonen,
die Berufsorganisationen und die Frauenvereine waren Träger der
-Arbeit. Die Mitwirkung der Lehrerschaft war außerordentlich rege.
Seit einigen Jahren ist die Berufsberatung eine öffentliche Angelegen-
Heit. Fast jede Stadt hat ihr Berufsamt, entweder als selbständige
Einrichtung oder als Abteilung des öffentlichen Arbeitsnachweises.
Zur die Frauen war bei Beginn ihrer Arbeit der Wunsch entscheidend,
»richt nur zum richtigen Beruf zu raten, sondern vor allem die
'Erkenntnis zu verbreiten, daß auch das Mädchen einen Beruf
wählen und sich gründlich für ihn vorbereiten müsse. Deshalb
Lnistanden Berufsberatungsstellen für Mädchen und Frauen. Für
>den Jungen, bei dessen Berufswahl oft die Tradition mitspricht,
.jedenfalls die Tradition, daß er überhaupt lernen muß, schien die
/Beratung nicht so nötig. Aber bald sah man, daß die Arbeit sich
nicht auf die Mädchen beschränken dürfe. Je differenzierter die
'Berufe wurden und je mehr der Großbetrieb Vorherrschaft erlangte
nnd dadurch die Fühlung zwischen Eltern und Lehrherrn verloren
/ging, desto nötiger wurde auch eine geregelte Beratung der männ
lichen Jugend. Bei Eröffnung der öffentlichen Beratungsstellen war
die Betreuung beider Geschlechter selbstverständlich. Die Statistik
zeigt, daß die männlichen Ratsuchenden jetzt überwiegen. Das ist
erklärlich, weil immer noch eine ganze Anzahl von Mädchen nach
-der Schulentlaffung im Elternhause verbleibt, ohne einen Beruf zu
suchen. Dennoch scheint der Hinweis nicht unangebracht, daß die
/Frauen sich um die Berufsberatung kümmern müssen, wenn die
weiblichen Abteilungen im Zeichen des Abbaus nicht hier und da
verkümmern sollen.
Die Schule allein Kann keine gute Berufsberatung geben. Um
gekehrt ist aber eine gute Berufsberatung ohne die Schule undenkbar.
Mur Ermöglichung einer guten Beratung find erforderlich: Die genaue
Kenntnis des Ratsuchenden nach körperlicher und geistiger Veranlagung
ftmd seiner Neigung einerseits, eine genaue Kenntnis der Berufe und
der wirtschaftlichen Lage sowie des einzelnen Betriebes andrerseits.
Much der Arzt darf nicht ungefragt bleiben. Die Schule, d. h. also
^der Lehrer oder die Lehrerin, soll darauf verzichten, auf eigene Faust
/Lehrstellen zu vermitteln, sooft das Ansinnen auch gestellt werden
. mag. Der einzelne Lehrer kann die genaue Kenntnis des Wirt
schaftslebens nicht haben, die erforderlich ist. Seine Aufgabe wird
darum nicht kleiner. Sie ist eine doppelte. Die Schule soll dem
Schüler und der Schülerin eine Kenntnis der einzelnen Berufsgruppen
vermitteln, die ihm oder ihr schon eine Wahl möglich macht, heute
erfolgt diese Wahl meist nicht aus Neigung zu dieser oder jener
Arbeit, sondern einige Modeberufe herrschen vor. Bei den Jungen
ist es noch immer der Mechaniker, der Autoschloffer, neuerdings der
Radio-Mechaniker, bei den Mädchen die kaufmännische Angestellte.
Nach der ersten Beratung, die einen Überblick über die gewühlte
Arbeit gibt, wird der Entschluß häufig schon geändert, noch bevor
wirtschaftliche Gesichtspunkte erörtert sind, die auch berücksichtigt
werden müssen. Andrerseits muß der Lehrer der Berufsberatung
aus seiner jahrelangen Kenntnis des Schülers ein Bild über seine
Fähigkeiten geben. Das zweite ist wohl leichter zu erreichen als
das erste, wie die Fragebogen zeigen, deren Ausfüllung durch die
Lehrer die Berufsberatung meist erbittet, kommt es nicht nur auf
eine Auskunft über die Stärke im Rechnen und Zeichnen, auf münd«
lichen und schriftlichen Ausdruck u. ä. allein an. Vas sagt schließlich
auch das Zeugnis, viel wichtiger sind Angaben über Aufmerksam
keit, und zwar nicht nur allgemein, sondern über Ausdauer, Ablenk
barkeit und Ermüdbarkeit, über Beobachtungsgabe und zwar bei
Gegenständen sowohl als auch bei Vorgängen, über Auffaffungsgabe,
Phantasie usw. Auch die Kenntnis der Tharakteranlagen ist zu einer
guten Beratung nötig.
So bedeutungsvoll diese Seite der Arbeit auch ist, die andere ist
nicht minder wichtig, nämlich dem Kinde selbst eine vorläufige Wahl
auf Grund von Überlegung zu ermöglichen. Diese Aufgabe kann
nicht gelöst werden, wenn man sich darauf beschränkt, in der Schule
kurz vor Ausfüllung des Fragebogens über die Berufswahl einen
allgemein unterrichtenden Vortrag über die verschiedenen Berufe zu
halten oder auch vom Berufsberater oder der Berufsberaterin halten
zu lassen. Berufskundliche Unterweisung muß planmäßig geschehen
und sollte mindestens in den zwei letzten Schuljahren nicht nur bei
Gelegenheit, sondern auch in besonderen Stunden erfolgen. Jede
Berufsberatungsstelle wird gern bereit sein, der Lehrerschaft mit den
nötigen Hilfsmitteln zur Hand zu gehen. Es genügt aber nicht,
daß jedes Schulsystem einen Vertrauensmann ernennt, der die Ver
bindung mit der Berufsberatungsstelle pflegt, sondern alle Lehrer
und Lehrerinnen in den höheren Klaffen müssen sich der Mühe unter
ziehen und sich wenigstens eine allgemeine Kenntnis der wichtigen
Berufe und ihrer Anforderungen verschaffen. Neuerdings ist ein guter
Hilfsmittel in den Dienst der Sache gestellt worden, das Lichtbild.
Nicht der Film, der sich schnell abrollt und der kein solches Erfassen
der Einzelheiten gestattet, ist hier zu bevorzugen, sondern das stehende
Bild. Die Deutsche Lichtbildgesellschaft hat in Zusammenarbeit mit
der Berufsberatung einige Reihen von Lichtbildern geschaffen, die
nicht nur für die Lehrerschaft von wert sind, sondern sich auch zur
Vorführung an Elternabenden und vor den Schülern eignen.
Da sehen wir zunächst den Tischler. Zuerst erscheint die Hobel
bank, darüber der Kasten mit den charakteristischen Werkzeugen des
Tischlers. Es folgt die Leimküche — man riecht den Leim beinahe.
Nacheinander werden die verschiedenen Tätigkeiten vorgeführt, hobeln,
Sägen mit der handsäge und an der Bandsäge, zuletzt das polieren.
Dazwischen sind Werkzeichnungen zu sehen, den Beschluß bilden
fertige, besonders schöne Stücke, meist Grsellenarbeiten von Aus
stellungen; der Drechsler, der Holzbildhauer folgen. Line andere
Reihe zeigt die Bauhandwerker, Zimmermann, Maurer, Steinmetz,
Dachdecker, bei der Arbeit, eine andere die Angehörigen der graphischen