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6. stls Wirkungen, Früchte und Leistungen der heimatschule werden
zu erwarten sein:
a) eine den Volks« und Naturbedingungen sich beweglich an
passende innere Einheitlichkeit des Volksbildungswesens;
d) eine immerwährende Belebung der bodenständigen Volks- und
Naturkräfte;
o) Gerechtigkeit und Duldsamkeit hinsichtlich des geschichtlich
Gewordenen.
6. Zur praktischen Verwirklichung der heimatschule sind erforderlich:
a) Herausarbeitung der Heimatschulkunde als wissenschaftlich
künstlerischer Erziehungsarbeit im engsten Zusammenhange
mit der Volkstumskunde;
b) Unterstellung der Bilüungstechnik einschließlich der Lehrmittel
unter die Forderungen der Heimat;
o) tunlichste Bodenständigkeit bzw. Bodenständigmachung der
Lehrer und der Schuloerwaltungsbeamten;
d) Schaffung von Einrichtungen zur wissenschaftlichen Erforschung
und zur allgemeinen Belehrung über die Heimat und das
Volkstum in Forschungseinrichtungen bei allen Universitäten,
in Beratungsstellen und Heimatbüchereien.
7. Es ist wünschenswert, daß staatliche und gemeindliche Mittel zur
Einrichtung von heimatschulen und für die Erarbeitung von
heimatschullehr. und -lernmitteln bereitgestellt werden.
Der Förderung der heimatschule werden Obmannschaften bei
sämtlichen Lehrerorganisationen zweckdienlich sein, welche An
regungen zur Heimatforschung und zur Herausarbeitung der
Heimatschulkunde geben und die Fühlung mit dem Bunde heimat
schule Herstellen.
Den Fachzeitungen wird die Pflege der heimatschule besonders
nahegelegt.
8. vom Standpunkte der heimatschule lassen sich die wirksamsten
Beziehungen mit übervolklichen und überstaatlichen Bestrebungen
in der Richtung auf Völkerversöhnung und friedliche Völker
erziehung anbahnen, welchem Ziele die Lehrerorganisationen ihre
besondere Aufmerksamkeit widmen sollten.
Liegnitz. Llemenz, Rektor.
Meinungsaustausch.
Unser Mütterabend.
In der Dienstanweisung für Lehrer und Lehrerinnen des Re
gierungsbezirks Düsseldorf heißt es unter 8 7: Der Rlassenlehrer
(-lehrerin) fördert ein einträchtiges Zusammenarbeiten mit dem Eltern
hause durch rege Fühlungnahme mit diesem durch Veranstaltung von
Zusammenkünften mit den Eltern seiner Rlaste. Um dieser Forderung
nun gerecht zu werden, hielten wir kürzlich mit den Müttern unserer
Rinder einen Rlasfenabend ab, dessen Verlauf vielleicht interessieren
wird?
wegen der Schwierigkeit der Lokalfrage in einer Großstadt des
besetzten Gebietes hatten wir drei Lehrerinnen der Gberklaffs be
nachbarter Systeme uns zusammengetan und gemeinsam den Nach
mittag veranstaltet. Um möglichst alle Mütter zu erfassen, luden
wir sie zum Raffee ein. 85 Mütter, — eine große Zahl unserer
kleinen noch nicht abgebauten Rlaffen, — nahmen daran teil, wir
Lehrerinnen stifteten I % Pfund Bohnenkaffe nebst Zubehör. Der
zuvorkommende Wirt übernahm Stellen des Porzellans, Aufschütten
des Raffees und Beleuchtung des Lokals gegen geringe Vergütung.
Dann ließen wir drei große Platten Streuselkuchen zu 5 Ji> backen-
Diese mußten die Mütter bezahlen, indem wir vorher in unseren
Rlaffen Rärtchen mit dem Schulstempel für 30 — 50 $ verkauften
und den Überschuß zur Deckung der Unkosten verwendeten. Als
Tag der Zusammenkunft hatten wir einen Tag im Oktober gewählt,
einerseits, weil dann nicht geheizt werden brauchte, andererseits weil
wir für die Ostern zur Entlassung kommenden Mädchen noch etwas
profitieren wollten.
Unsere Veranstaltung umfaßte einen gemütlichen und einen be
lehrenden Teil. Zur Unterhaltung hatte eine Schule Gedichte, die
andere einen Volkstanz und die dritte Lieder und ein kleines Theater
stückchen eingeübt.
Das Programm entwickelte sich folgendermaßen: Gegen %3 Uhr
gingen wir Lehrerinnen mit einigen mitwirkenden Schülerinnen zum
Lokal, deckten die Tische und schmückten dieselben mit den von Rindern
reichlich mitgebrachten Blumen, so daß das Ganze einen freundliches
Eindruck machte. Als dann, um 4 Uhr. die Mütter erschienen,^
nahmen Rinder sie am Eingang in Empfang und geleiteten sie in!
den Saal. Nachdem dort nun jede Lehrerin „ihre" Mütter begrüßt
hatte, halfen wiederum Rinder dienstbeflissen beim Ablegen der
Garderobe. Ebenfalls schütteten Rinder den Müttern den Raffeei
ern und bedienten sie. wir Lehrerinnen konnten uns indessen
zwangslos mit den Müttern unterhalten, bis der offizielle Teil miti
der Ansprache einer Lehrerin begann. In derselben begrüßte sie
Mütter, wies kurz hin auf den Zweck der Veranstaltung und gab
der Hoffnung Ausdruck, daß die Veranstaltung die Eltern erfreuen
und unseren Rindern zum Segen gereichen möge. Diese Lehrerin
leitete auch den ganzen Abend. Nun folgte ein Begrüßungsgedicht
an die Mütter. Da die Rehlen schon etwas feucht geworden waren,
folgte das gemeinschaftliche Lied: G. wie lieblich ist's im Rreis.f
(Bücher der Rongregation waren geliehen und ausgelegt). Zwei'
Rinder trugen heitere Gedichte in westfälischer und steiermärkischer^
Mundart vor. Fröhlich erscholl nun das gemeinschaftliche „Raffee-f
lied", deren Strophen abwechselnd von den Müttern der drei Schulen
gesungen wurden. Vas Thorlied: „G Mutterherz" von Mütter leitete!
in eine ernstere Stimmung über, woran sich das Gedicht: „wenn du;
noch eine Mutter hast" anschloß. Ein Mädchen trug sodann miti
Rlavierbegleitung das Lied vor: „Am Ort, wo meine wiege stand'V
v. hennig, Verlag, Benjamin, Hamburg. Zwei Gedichte: „Mutter,
liebe" v. Dieffenbach und „Ein Friedhofsbesuch" v. Vogl folgten,
wirkungsvoll klang nun das Lhorlied: „wenn ich den Wandrer,
frage". Die Gedichte: „Der alte Lehnstuhl" v. Nüdling und „Meiner,
Mutter" v. Liliencron, sowie das Lhorlied: „Schlaf, herzenssöhnchen^'
ergriffen sichtlich. Nach Aufführung des hübschen Volkstanzes kam
das gemeinschaftliche Lied: „Freut euch des Lebens". Ein kleiner
Theaterstück: „Das Jahr und seine Monate", auf die Mutter be»
zugnehmend, schloß den unterhaltenden Teil. Mittlerweile war er
6 Uhr geworden, und nun wurden alle Rinder nach Hause geschickt.
Jetzt begann der belehrende Teil. Die Religionslehrer der
Rlaffen hatten sich inzwischen eingefunden, so daß Rirche, Schule unb
Elternhaus zusammen waren. Die zweite Lehrerin schilderte nunf
in einem vortrage die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der dreK
Faktoren in einem packenden Bilde. Es wurden Mittel und Wege!,
angegeben zur Verwirklichung der gemeinsamen Arbeit. Bezügliche
des Unterrichtes kamen zur Sprache: Hausaufgaben. Lohn un8s
Strafe (Strafarbeiten), Schuloersäumniffe, Landaufenthalt der Rinder
auf der Oberstufe. Berufswahl. Wichtigkeit des hausberufes, dev
Entlaffungszeugniffe. Für die erziehliche Seite wurde unter anderem
besonders hingewiesen auf die Erziehung zur willensfesiigkeit im
Gegensatz zur Verweichlichung unserer Zeit und auf die Notwendig,
keit klarer Erkenntnis auch der Fehler unserer Rinder seitens der
Mütter, um sie mit Liebe, Ronsequenz und Geschick bekämpfen zn
können. Ls wurde betont, daß nur die Ronfessionsschule, welche
Unterricht und Erziehung aufbauen auf den Fundamenten des Glaubens
und christlicher Liebe, die Jugend heranbilden könne zu nützlichen
Gliedern unserer schwer leidenden Volksgemeinschaft.
hierauf nahm die dritte Lehrerin das Wort, indem sie kurz die
Mütter beglückwünschte zu den Schätzen, die Gott ihnen in ihren
Rindern anvertraut, ihnen dankte für die Freuden, die sie uns durch !
ihre Rinder bereiteten an Namenstagen, so oft beim Unterrichte,
wenn die Augen vor Begeisterung strahlten usw., für die Unter-
stützung, die wir an ihnen gefunden hätten. Anschließend an das
Gedicht von Heine: „Du bist wie eine Blume" gab sie dann der
Sorge der Lehrerinnen für die zu entlastenden Rinder Ausdruck,
wies hin auf die Gefahren besonders in einigen neuzeitlichen Ver<
einen und schloß mit einem Appell an die Mütter, mit uns für ihre
Rinder zu beten, was sie durch einige Beispiele vertiefte.
Nun nahm einer der Religionslehrer das Wort, sprach über,
den Verkehr der Heranwachsenden Rnaben und Mädchen nach der^
Entlastung, gab Fingerzeige bezüglich der Aufklärung und erwähnte
die Mitarbeit der Rirche durch die Rongregation.
Atemlos hatten die Mütter bis jetzt den gewiß nicht Kurzen
Ausführungen gelauscht, ja, man möchte sagen, es lag eine heilige
Stimmung über dem Ganzen, die auch in der nachfolgenden Dis-
kusston die Dberband behielt. Auffällig war es in der Diskussion,
daß, als eine Mutter das „Turnen der Mädchen" anschnitt, allr