Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

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Ich klopfe an zum heiligen Advent, 
Und stehe vor der Tür.' 
G selig, wer des Hirten Stimme kennt, 
Und eilt und öffnet mir. 
Ich werde Nachtmahl mit ihm halten, 
Ihm Gnade spenden. Licht entfalten, 
Der ganze Himmel wird ihm aufgetan: 
Ich klopfe an. 
Ich klopfe an, bist, Seele, du zu Haus, 
wenn dein Geliebter pocht? 
Blüht mir im Krug ein frischer Blumenstrauß? 
Brennt deines Glaubens Docht? 
weißt du, wie man den Freund bewirtet? 
Bist du geschürzet und gegürtet? 
Bist du bereit, mich bräutlich zu empfahn? 
Ich klopfe an. 
Ich klopfe an und bringe nichts als heil 
Und Segen für und für, 
Zachäus' Glück, Marias gutes Teil 
Beschert' ich gern auch dir, 
wie ich den Jüngern einst beschieden 
In finst'rer Nacht den süßen Frieden, 
So möcht' ich dir mit sel'gem Gruße nah'n: 
Ich klopfe an. 
Ich klopfe an, jetzt bin ich noch dein Gast 
Und steh' vor deiner Tür; 
Einst, Seele, wenn du hier kein Haus mehr hast, 
Dann klopfest du bei mir; 
Wer hier getan nach meinem Worte, 
Dem öffn' ich dort die Friedenspforte, 
wer mich verstieß, dem wird nicht aufgetan: 
Ich klopfe an. (Gerok) 
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wurde eine Verlangsamung, ja sogar ein Stillstand beobachtet, und 
zwar bei den sogenannten frühreifen Rindern, töir alle werden 
schon die Enttäuschung pläneschmiedender Eltern erlebt haben, als 
das Rind nicht weiter das Wunderkind blieb, mit dem man prahlen 
konnte. 
hervorgehoben muß werden, daß schlimme Anlagen, die bisher 
unbemerkt in der Seele schlummerten, gerade in der Pubertätszeit 
zum Ausdruck kommen. Es gibt ganz schwere Fälle, wo die ganze 
Seele des Rindes krank ist, und die als pubertätsschwachsinn bezeichnet 
werden. Trunksucht und Rrankheit der Eltern spielen eine furcht 
bare Rolle. 
Eins sei noch betont: wir dürfen, wenn wir etwa gemischte 
Rlassen haben, keine vergleiche ziehen zwischen Rnaben und Mädchen. 
Die geistigen Unterschiede der beiden Geschlechter treten in dieser 
Zeit hervor, das Mädchen hat eine ganz andere Entwicklungskurvs 
als der Rnabe, und die körperlich-seelische Revolution ist bei dem 
Mädchen viel aufwühlender als beim Rnaben; denn „die Vorbe 
reitung zur Mutterschaft berührt tiefer als die Vorbereitung zur 
Vaterschaft". 
III. I. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wenden wir uns 
dem Erkennen und Denken zu. Selbstverständlich können wir 
uns im Rahmen dieses Themas nur mit dem normalen Seelenleben 
beschäftigen. — Die Grundlagen des geistigen Lebens sind die Vor 
stellungen. Je zahlreicher, deutlicher, vielseitiger sie sind, desto 
umfassender ist das Denken. Die Erfahrung lehrt, daß in den ersten 
Schuljahren die Rinder im allgemeinen nur über jene Vorstellungen 
als wirklichen Besitz verfügen, die ihnen durch tatsächliches An 
schauen, hören, Fühlen, kurz: durch Sinne-rätigkeit, vermittelt wurden. 
Das werden besonders jene Rolleginnen bestätigen, dis im 3wei- 
fprachengeöiet einmal die polnischsprechenden Lernanfänger hatten 
oder haben, was die Rleinen gesehen, gehört, angefühlt, gerochen, 
vielleicht auch geschmeckt hatten, davon blieb die Vorstellung besser 
haften, meist wurde auch der deutsche Sprachausdruck behalten. 
Mit Beginn der Pubertät und dem damit zusammentreffenden 
Ausbau des Nervensystems werden die Rinder zu abstraktem Denken 
befähigter. „Die Vorstellungen machen sich los von Sinneseindrücken". 
Taten werden beurteilt hinsichtlich ihres sittlichen wertes, damit wird 
gezeigt, daß abstrakte Vorstellungen da sind, die das Rind sich nach 
und nach durch selbständige Denkakte oder mit Hilfe der Erwachsenen 
angeeignet hat. Freilich werden auch in diesem Stadium keine 
Definitionen erwartet werden dürfen, auch nicht solche, die uns 
„kinderleicht" erscheinen, von Ausnahmen sehen wir ab. Oer 
Ratechi-mus in seiner heutigen Form, mit den vielen oft lang 
atmigen Definitionen, ist unkindlich, und wir müssen auf eine 
Neubearbeitung in kindertümlicher Form drängen. — Lossen wir auf 
der Oberstufe „Neid" definieren. Ich bin überzeugt, die Antwort heißt 
ungefähr: „Neid ist, wenn man neidisch ist". Solche Wiederholungen 
sind für Rinder charakteristisch, noch in den ersten Jahren unserer 
Gberstufe. Bei zweisprachigen Rindern müssen wir besondere Rück 
sicht üben, die sprachliche Wiedergabe der Gedanken macht natur 
gemäß ganz eigene Schwierigkeiten. - von dem charakteristischen 
wiederholen schreitet das Rind fort zum Erklären durch Angabe 
einiger Merkmale, durch Umschreiben, durch Angabe des Zweckes, 
durch Anführen von Beispielen. Das alles klingt unseren Ohren 
manchmal recht ungeschickt und umständlich, reifere Mädchen lächeln 
vielleicht, und doch ist es ein Fortschritt. 
2. wie steht es mit der Fähigkeit zum Schließen? Da haben 
wir alle schon mancherlei erlebt, wenn es z. B. im Rechnen hieß, 
ganz einfache Schlüffe ziehen. Manche Mädchen desselben Jahrgangs 
versagten ganz, einfach deshalb, weil ihre geistige Entwicklung noch 
nicht soweit fortgeschritten ist wie die anderer. 
Nach und nach geht es mit dem Schlußvermögen vorwärts. Das 
sehen wir, wenn wir in einer Klaffe zwei ober gar drei Jahrgänge 
haben, welcher Unterschied zwischen den Mädchen, die das erste, 
und jenen, die das zweite oder dritte Jahr in derselben Klaffe finb! 
Germß, einen Teil d?s besseren Schließenkönnens haben wir der 
Wiederholung zuzuschreiben. Aber: Wir können ein Mädchen des 
4. oder 5. Schu'jahrcs einen Sckstuß dreimal und öfter ziehen lassen, 
wir lassen ihn nachsprechen, vielleicht an mehreren Tagen wiederholen. 
Das Rind könn itju, Stellen wir es aber in einer neuen weile 
vor die Aufgabe, denselben Schluß zu ziehen: Es versagt. Die Nerven 
fasern, die für das Schlußvermögen grundlegend sind, sind noch nicht 
oder unvollkommen ausgebildet, wir müssen uns gedulden in unseren 
Forderungen. Es wäre aber verfehlt, nun zu denken, die Rinder 
der Unter- und Mittefftuft könnten überhaupt nicht schließen. Die 
Erfahrung lehrt uns anders. Es handelt sich aber in diesen Fällen 
um auffallend begabte Rinder oder um solche, die in der geistigen 
Entwicklung vorauseilen. 
Im Zusammenhang mit der geringen Schlußsähigkeit steht die 
Unklarheit im Denken überhaupt. Redewendungen werden an falscher 
Stelle gebraucht, weil die Zusammenhänge noch nicht klar sind. 
Darauf ist auch die große Macht der Schlagwörier, die von den 
Jugendlichen kritiklos angenommen werden, zurückzuführen. Die 
Unklarheit im Denken macht es möglich, daß einzelne Personen, sec 
es aus Schülerkreisen, sei e? aus den Reihen der Erwachsenen, einen 
Einfluß auf eine ganze Rlaffe gewinnen können, der manchmal als 
Suggestion bezeichnet werden muß. 
Man sagt dem Mädchen Freude am Lernen nach, am Aneignen 
des Lehrstoffes, „doch viel weniger als dem Jüngling das verlangen 
nach höherer Erkenntnis, nach Erforschen der Dinge und ihrer Ur» 
jachen." 1 Es ginge wohl zu weit, wollte man dies Urteil ver 
allgemeinern. Ob die Behauptung begründet ist, dem weiblichen 
Geschlecht fehle die „strenge logische Disziplinierung" und „Neigung 
zu sachlicher Rritik", müßte doch erst noch genau untersucht werden 
— aber nicht nur von Männern. — An uns liegt es, im Unter 
richte darauf hinzuarbeiten, daß dis Mädchen nicht kritiklos nach 
beten, was ein anderer sagt. Sie müssen angeleitet werden — der 
geistigen Entwicklung entsprechend — selbständig zu urteilen, um 
nicht später z. B. alle Modetorheiten unbedacht mitzumachen, um nicht 
dem Verlobten, dem Manne gedankenlos auf den Irrwegen seiner 
religiösen, sozialen und politischen Anschauungen zu folgen.. Die 
Arbeitsschule bietet so reichlich Gelegenheit, zur Selbständigkeit im 
- Jakob Hofsmann, Handbuch der Jugendkur.de und Jugenderziehung.
	        
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