Full text: Wochenschrift für katholische Lehrerinnen - 37.1924 (37)

Inhall: Dolhmer, Do pjelö und fcte päd. Gegenwartsfragen S. 53 
Kcejtiui, Der Erlaß zur picuß. p. A. v. L>. 54 sdjulabbua in G.d.n- 
Süutg S. 55. ITUestjes, tteich»ju^enowohl,ahltscje,ctz u. L». Lehrerinnen L 55. 
E. L., Uh« erz.erl man im vpcogcapt/ieunt. Dexjldnönis )üc erdgesa.irbtlichcn 
ftujoau S 55. ctu* Öct3eil: Lesebuch. Kbdauerlaß. v -L »K. Münster. 
Osnabrück, ttmlliches: Durchführung der p-K.-V. Sperrerlosse. Der«, 
für nebenamtl. Unterricht. Aus unserem Derern: Sammlerinnen, päd 
Inirrtut. tirankei.Kasse. Stcinderkarrlar. Kursus pqimont. Gautay Frank, 
fürt. Sezirlr». u.öweigvereine. Merutasel. Dücherbe,prechungen 
DölpfeLd und die padagogisch(n GegLUwartSskügen. 
öum \00, Geburtstage Dörpjelds. 
von Semmar-Proretitor ct. DoUmei, Lredenthal fvez Liegnitz). 
Der am 8. März 1824 geborene Schulmann Friedrich Wilhelm 
Dorpfeld ist n cht nur einer der bedeutendsten Schu pra«uker der 
herdartschen Schule, sondern hat uns auch eine Reihe pädagogischer 
Gedanken hinterlassen, die im pädagogischen Gegenwartsleden von 
neuem lebendig wurden. Den Verehrern Dörpfelds bereitet es 
besondere Genugtuung, daß der Pädagoge, der schon im Jahre 1880 
ßem stnU aus Gesundheitsrücklichten niederlegen mußte und 189a 
starb, heute noch in seinen Ideen fortlebt, ja, datz manche seiner 
Forderungen gegenwärtig erst voll gewürdigt werden. 
Für uns. dre wir treu auf dem Roden der Lekenntnisschule 
stehen, ist es zunächst wichtig, zu Horen, datz vörpfeid, der positiv 
gläubige Protestant, den Religionsunterricht in der evangelischen 
Schule besonders hoch hielt, ja. rhn in gew ssem Sinne zum Mittel- 
Punkt der Unterrichtes machte. Derselbe Mann, der so treff iche 
Schliffen über den Sprach- und Realunterricht schrieb hat der evan. 
geäschen Volksschule auch tiefgründige Bücher zur pflege des R li- 
gionsunterrichtes ge ch'Nkt. Gerade die Forderung, die heute wieder 
»n der Methodik des katholischen Re!igion>unterr chtes kräftig hervor, 
gehoben wird, nämlich der Gedanke, dotz die Persönlichkeit des 
Leh,enden stark den Erfolg tiefes Unterrichtes beeinflußt, hat schon 
Dörpfelü deutlich ausgesprochen. Wenn er in se nen Vorschlägen 
bezüglich der Schu Verfassung auch der kirchlichen Gemeinde ein Mit- 
bcstlmmungsrecht zuweist, so hat er schon vor Jahrzehnten das 
gewünscht, was — wenn auch in veränderter Form — heute zur 
Wirklichkeit geworden rst. 
vörpeld wollte bei jedem Unterrichtsstoffe ein Dreifaches 
pflegen: Rnfchauen, Denken, Anwenden. Rer seine Sch iften über 
d:e tiusgeftalrung dieser formalen Stufen näher verfolgt, mutz zu 
geben, datz «ich der Kern unseres Rrbeitsschulgedankens schon 
bei diesem Pädagoge«« vorfindet. Wenn in ollen Schuren Darpftds 
Winke über üre Pf! ge des Zrpammenfaffens, der chrtstii:ren Arbeiten, 
des Einpiägens, sowie der Verknüpfung der Umerr ichtsgeb ete mi; 
dem prakiüchen Leben genau beachtet worden wären. hätten die 
Rrbeitrschuldestrebungen nicht als etwas so Ueues viclsror^s h>nge;tel!> 
weroen können, Besonders wollen wrr es ikm hoch anrechnen, day 
er, der wahrlich für das denkende Erlaffen der Unterricht-stoffe 
eintrat, beredte Worte über das Einprägen stntet, ja geradezu 
schon damals eine Technik des Memorierens ausbrtden wollte. Wenn 
heute gar mancher Neuerer von einem geschloffenen Lehrplane und 
von der im Lehrgegenstand selbst liegenden Ordnung nichts mehr 
Aussen will, so können wir auf Dorps ld hinw isen, der — bei aller 
2orge für die formale Schulung — uruner wieder die Wichtigkeit 
der Theorie des Lehrplanes betont und auf die durch die Eigenart 
des Lehrstoffes bedingte Geschlossenheit des Lehrganges hinrve'st. 
Wir treiben heute alle Sprach Kunde im Sinne von Rudolf 
hiidebrand; wir pflegen daher nicht blstz die Zchri tsprache, sondern 
betrachten auch gern die wirklich gesprochene Rede und erinnern 
uns immer wieder, daß aller Sprachunterricht Sprachverständnis und 
Sprachfertigkeit zum Ziele hat. Alles das forderte schon Dörpfeld; 
ja. auch der ganz neuzeitlich anmutende Gedonke, datz Sprachunter- 
r cht und Sachunterricht in inniger Verbindung bleiben muffen, 
findet sich schon stark ausgeprägt bei Do pfeld. Wenn heute die 
Richtlinien vom 15. Oktober 1922 vo« schreiben: „Die Einführung 
in das Verständnis der Wortbedeutung, auch ihres zeitlichen Wandels, 
ist sorgsam zu pflegen und nicht nur im Deutschunterricht, sondern 
auch in anderen Fächern zu betreiben", so zeigt sich hier wiederum 
ein A-klang an Dörpfeld, der schon die mannigfaltigsten Übungen 
dieser strt gepflegt aussen wollte. 
Uns allen ist b» konnt, welche Bedeutung die heutige Schule der 
staatsbürgerlichen Erziehung beimitzt. fordert doch schon die 
Verfassung: ,Jn ollen Schulen ist . . . staa:sbürgerliche Gesinnung 
zu erstreben". Schon Dörpfeld wollte den Geschichtsunterricht durch 
eine Gefellschastskund« ergänzen, die den Schülern - ganz im Sinne 
der „Richtlinien" — „die Grundlagen zum Verständnis der Gegen 
wart" verschafft. 
Ein Grund ug unserer gegenwärtigen Unterrichtes lautet, mit 
den Worten der Richtlinien vom 15. Gutober 19j2 ausgesprochen: 
das Maß der auszuwählenden Stoffe ist nach der Schuiform ver 
schieden; in allen Schulen aber ist sorgsam Bedacht darauf zu nehmen, 
daß die im Lehrplan vorgeschriebenen Stoffe nicht nur flüchtig berührt, 
sondern wirklich gersng durchgearbeitet werden können." Das er 
innert wiederum lebhaft an Vö-pfelo, deffen bedeutsame Schrrst „Der 
didaktische Ma'erialismns", erschienen 1879, geradezu eine Karrpf- 
ansage gegen die seit »872 hervortretende Überladung der Schule 
mit Lehr floss bildete. Aber derselbe Pädagoge, der einen so 
scharfen Kampf gegen die überbau ung des Lehrplanes führte, hat 
lerne Lebensaufgabe darin gesehen, die einzelnen Zweige des Volks- 
'chul»n?errichtes methodisch auszugestalten, was würde er zu den 
Ansichten jener Neuerer sagen, die Heu zutage das gesamte SchuUeben 
von straffer Unterrichtsarbeit loslösen wollen? 
Was mir persönlich ,ür Do p eld die größte Hochachtung ein 
geflößt hat, ist einerseits sein eiaenes Fortbildungsstr»den, anderseits 
die unermüdliche Arbeit sür die Fortbildung seiner Amtsgenossrn. 
Dö-pield. der sich nicht nur mit Methodik gründlich beschäftigte, 
sondern auch tiefschür'ende ph'losophische Stadien trieb, wurde nicht 
^üde, die Lehrer und Lehren innen um sich zu 'amme.'n. um ibr 
wissenschaftliches und pädagogisches Streben anzuregen. Gerade diese 
Sorge für die geistigen Röte der Lehrerchait trug viel dazu bei, 
daß seine zahlreichen Schriften fruchtbaren Boden fanden. Seine 
wr'^enichafrliche Sonderfchrifren, z. 6. ..Über Denken und Gedächtnis", 
erschienen 18o6, setzen scharfes Mitdenken und fleißiges Nachdenken 
bei den Lesern voraus; dafür ober bringt ihr Studiuin. besonders 
weil es immer wieder auf den praktischen Schulunterricht eingeht, 
reichen Gew nn, der sich bald in einer vertieften Auffassung unter- 
richt'icher Fragen zeigt. 
So lebt Dörpfeld auch bei uns Katholiken in ehrendem Andenken 
weiter. Ls wäre außerordentlich zu bedauern, wenn man — in
	        
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