Nr. 15
Inhalt: F. Hornung, 3um neuen badischen Lehrplan S. 69. <E. M,
Zum Schulansang 5. 70. L. Beier, Ls regnet S, 71. päd. Rundschau:
Voelitz. Rbbau oder Aufbau unseres Bildungswesens S 72. Der Hauswirt-
fchaftliche Unterricht an Berliner Volksschulen 5 72. Aus der Zeit:
Besoldung. Abbau-Überwachungsausschuß. Amtliches: Aufnahme in die
rnittl. u. höh. Schule. Verlegung der Osterferien. Aus unserem verein:
Hauptversammlung. Satzungen. Kursus Boppard. Marienheim Boppard.
Gautag Frankfurt, heim Zoppot. L.iederschlesien. Sachsen. Bezirks-
und Zweigvereine. Merkiafel.
Zum neuen badischen Lehrplan.
von F. Hornung, Karlsruhe i. B.
Km 17. und 18. Januar und am 8. März haben im Ministerium
Besprechungen über einen neuen Lehrplanentwurf, der im Aufträge
des Unterrichtsministeriums von Geheimrat Stöcker ausgearbeitet war,
stattgefunden. Unsere Organisation war dabei durch ihre Landes
vorsitzende Frl. M. Bcyerle und F. Hornung vertreten. In ihrer
Stellungnahme kamen die wünsche und Ansichten der Vereinsmit
glieder zum Ausdruck, welche auf die Aufforderung in der Zeitschrift
hin oder durch ihre Arbeit in den Bezirksvereinen dem verstand
mitgeteilt worden waren.
Der neue Unterrichtsplan soll ein Landeslehrplan sein, der gründ-
fätzlrch für alle badischen Volksschulen gilt. Es war deshalb Auf
gabe der Kommission, die Iahresziele der einzelnen Unterrichtsfächer
in den verschiedenen Schuljahren so festzusetzen, daß sie von allen
Schulen gleichmäßig erreicht werden können, und daß die methodische
Freiheit des Lehrenden nicht durch eine Stofiüberhäufung von vorn
herein gelähmt oder ausgeschaltet wäre. Der neue Lehrplan ist
«ruf den langjährigen Erfahrungen, die sich aus dem Gebrauch des
wepgoldschen Lehrplans ergaben, aufgebaut und trägt den Be
strebungen der neuzeitlichen Pädagogik Rechnung. Die Festlegung
methodischer Maßnahmen im Lehrplan wurde vermieden. Der
Gedanke der Arbeitsschule wurde vor allem in der Formulierung
der Lehrziele dadurch ausgedrückt, daß diese auf die Selbsttätigkeit
der Rinder in der körperlichen und geistigen Beherrschung des
Unterrichtsstoffes hinweisen.
Oie einzelnen Unterrichtsziele sind der Gesamtausgabe allen Unter
richts im Dienst der allgemeinen Erziehungsaufgabe der Schule ein
gegliedert; wie sie in Artikel 148 der Reichsverfaffung und im 8 35
des badischen Schulgesetzes ausgesprochen ist. „Die vornehmste Auf
gabe der Schule besteht nach der dort gegebenen Zielsetzung in der
Förderung einer planmäßigen harmonischen Entwicklung aller Körper
lichen und seelischen Anlagen der Rinder und in ihrer Erziehung zu
ge unden, verständigen, religiös-sittlichen und fürs Leben brauchbaren
Menschen."
Die Auswahl der Bildungsstoffe soll der Faffungskraft und der
natürlichen Bildungsentwicklung der Rinder angepaßt sein. Ebenso
muß der Lehrgang nicht in erster Linie durch den Lehrstoff, sondern
durch die gegebenen Verhältnisse bei den Volksschulkindern bestimmt
werden und muß auch neben den allgemeinen natürlichen Entwick
lungsgesetzen der Rinder die Eigenart der Geschlechter bei Rnaben
und Mädchen berücksichtigt werden können.
Die Forderung eines Rahmenlehrplans, wie sie vom rrziehungs-
wiffenschaftlichen Ausschuß des badischen Lehrervereins vorgelegt war,
wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Es hat sich in der Aussprache erwiesen, daß es unmöglich ist,
den gesamten Unterrichtsstoff in so Knappen Definitionen wiederzu
geben, wie es die Form eines Rahmenlehrplans verlangt, ohne daß
dadurch die Klarheit und Zielsicherheit der Erziehungsfragen not-
gelitten hätte.
Der Stundenplan soll nicht hemmend für die Lehrkraft sein, daß
dadurch eine Verbindung der einzelnen Unterrichtsfächer unter großen
Erziehungsgedanken ausgeschloffen wäre. Für das erste Schuljahr
ergibt sich daraus die Forderung des Gesamtunterrichtes, worin die
eigentlich bisher schon übliche Praxis zum Ausdruck kommt, alle
Unterrichtsstoffe, die dem Rinde geboten werden, in konzentrischer
weise mit Vorstellungen und Lrlebniffen aus dem kindlichen Er
fahrungskreise zu v:rbinden.
In der Bezeichnung des Umfangs der einzelnen Unterrichtsgebiete
trat im Verhältnis zum alten Lehrplan eine wesentliche Änderung ein.
Das Erlernen der Druckschrift wurde ins zweite Schuljahr ver
legt; doch kann bei besonders eigenartigen Schulverhältniffen (zwei-
klassige Volksschule) auch im ersten Schuljahr damit begonnen werden.
Vas achte Schuljahr war bisher in den meisten Unterrichtsfächern
ein Repetitionsjahr; der neue Lehrplan weist ibm neue Lehrziele zu;
dadurch entstand eine Verschiebung des Stoffes innerhalb der einzelnen
Schuljahre nach oben, zudem einiges vom bisherigen Unterrichtsstoff
des achten Schuljahres der Fortbildungsschule zugewiesen wurde. So
wurde z. B. in der Sprachlehre vom vierten Schuljahr die Behand
lung der leidenden Form ins fünfte übernommen; die Unterordnung
(Nebensätze) aus dem sechsten ins siebente Schuljahr verlegt.
Alle 14 Tage soll vom vierten Schuljahr ab je ein Aussatz und
ein Diktat eingetragen werden.
Die Schönschreibübungen können in den drei oberen Schuljahren
durch andere Übungen aus dem Deutsch- oder Zeichenunterricht ersetzt
werden.
Im Rechnen wurde dadurch eine Erleichterung gegeben, daß
das schriftliche Vervielfachen und Teilen ins vierte Sckuljahr, die
mündliche uns schriftliche Behandlung der Geld-, IRaß- und Gewichts-
Ordnung ins fünfte Schuljahr verlegt wurde. Das sechste Schuljahr
umfaßt Bruchrechnen unter Ausschluß des Bruches als Vervielfacher
und Teiler, das Zeitmaß, den Dezimalbruch; die Verwandlung eines
gemeinen Bruches in einen Dezimalbruch und umgekehrt; Schluß
rechnen mit geraden und ungeraden Verhältnißen; schriftliches Zwei
satzrechnen. Das prozentrechnen in Anwendung auf Zins-, Gewinn-
und Verlustrechnungen wurde dem siebenten Schuljahr, Rabatt- und
Durchschnittsrechnungen zur Erweiterung des vomhundertrechnens
dem achten Schuljahr zugeteilt.
In der Raumlehre sollen im sechsten Schuljahr vom Körper
ausgehend Linie. Winkel, Fläche und Umfangsberechnungen; im
siebenten Schuljahr Flächenberechnungen und im achten Schuljahr
einfache Körperberechnungen vorgenommen werden.
Die anschauliche Auffaffung und Erkenntnis von Dingen' und
Formen in ihrer Gestalt und Größe soll dabei durch Ausmeffen,
Schützen, vergleichen, geometrisches und skizzierendes Zeichnen, durch
Ausschneiden und Falten erreicht werden.
Die Heimatkunde soll von der Umwelt des Rindes ausgehend,
Schule und Haus im ersten Schuljahr, den Wohnort und seine Um
gebung im zweiten Schuljahr und im dritten Schuljahr die Heimat-