Full text: Klassenorganisation der Volksschule - Munterkeit (5)

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Gründe mehr allgemeiner Natur erschweren 
den regelmäſsigen Aufstieg der Kinder in 
einer vielstufigen Schule und berauben da- 
mit viele Kinder der Segnungen dieses 
Schulsystems. Hierher gehört vor allen 
Dingen der jährliche Lehrerwechsel, der den 
didaktischen Prozeſs alljährlich unterbricht 
und damit insbesondere die Schwächeren 
Kinder in ihrem regelmäſsigen Fortschritt 
hindert. Noch Stärker fällt in gröſzeren 
und mittleren Orten die bei Neugründung 
von Schulen und bei Anderung der Be- 
bauung des Stadtweichbildes häufig ein- 
tretende Umschulung der Kinder von einer 
Lehranstalt in die andere ins Gewicht. 
Diese letztere Maſsnahme drückt insbeson- 
dere die grofsstädtisechen Schulen Stark 
herab und ist einer der Hauptgründe für 
ihre oft verhältnismäſsig nicht bedeutenden 
Leistungen. Auch in dieser Beziehung 
wird das VolkssSschulwesen anders behandelt, 
als die höheren Lehranstalten. Aus einer 
höheren und mittleren Schule wird kein 
Kind um- und durchgeschult, und wenn 
diese Schulen auch ebenso zahlreich vor- 
handen wären und ebenso nahe beiein- 
ander lägen, ais die Volksschulen, SO würde 
doch niemand auf den Gedanken kommen, 
gewisse Schüler von der einen Schule an 
eine andere zu verweisen, noch weniger 
aber ganze Bruchteile einer Schule in eine 
andere überzuführen, dadurch in dieser 
zweiten Schule ebenso viele Kinder zu 
zwingen, dais Sie in eine dritte übergeführt 
werden und So weiter durch einen ganzen 
Stadtteil hindurch. Die Umschujungen Sind 
eines der gröfsten Übel und eine der- 
jenigen Einrichtungen, die alljährlich viele 
Tausende von Kindern um eine Klassen- 
Stufe zurückbringen und es verschulden, 
daſs die betreffenden Kinder nicht recht- 
zeitig an der Spitze der Schule anlangen. 
Und diese ganze Einrichtung der Um- 
Schulungen ist eine völlig unnötige. ES 
wäre eine Leichtigkeit, Organisationen ins 
Leben zu rufen, die es ermöglichten, 
jedes Kind in der Schule zu lassen, der 
es einmal überwiesen iSi, und trotzdem die 
Schulen einigermaſsen gleichmäſsig zu be- 
Setzen. Ich Stelle es geradezu als ein Recht 
der Eltern hin, zu verlangen, daſs ihre 
Kinder aus einer Schule nur aus diszipli- 
nariSchen Gründen und wegen zu weiter 
Schulwege entfernt werden können, im 
 
KlasSenorganisation der Volksschule -- Klassenunterricht und Hausunterricht 
letzteren Falle aber auch nur dann, wenn 
die Eltern nicht die Kosten und Mühen 
eines weiteren Schulweges tragen wollen 
oder wenn Unregelmälsigkeiten im Schul- 
besuch Sich herausstellen. 
Literatur: Dörpfeld, Zwei pädagogische 
Gutachten über zwei Fragen aus der Theorie 
der Schuleinrichtung. Güiersloh 1878. -- Duis- 
burger Freier Lehrerverein, Organisation, Lei- 
tung und Aufsicht der Volksschule. Witienberg 
1878. -- Jahrbuch des Vereins für wissenschaft- 
liche Pädagogik. Dresden 1889. --- Päda- 
gogische Zeitung. Jahrg. 1891, Nr. 46 u. 47, 
Jahrg. 1905, Nr. 2 u. 18. 
Berlin. 1]. Tews. 
Klassenunterricht und Hausunterricht 
1. Nähere Bestimmung der Aufgabe. 2. 
InteresSe und Anstrengung. 3. Aufmerksam- 
keit. 4. Selbsttätigkeit. 5. Auswahl und An- 
ordnung des Stoffes. 6. Bearbeitung des 
Stoffes. 7. Disziplin. 8. Anforderung an die 
Persönlichkeit des Lehrers. 
1. Nähere Bestimmung der Aufgabe. 
KlasSenunterricht und HausSunterricht! Das 
Sind Gebiete, um die Seit Jahrhunderten 
ein mehr oder minder heiſs geführter Streit 
entbrannt ist. In den letzten Jahren wird 
der Kampf gegen den Klassenunterricht 
wieder besonders lebhaft von Seiten der 
Anhänger des Hausunterrichts geführt. Es 
genüge Arthur Schulz und Berthold Otto 
zu nennen. Doch da das »Handbuch« in 
Seinem Artikel: » Einzelunterricht und Schul- 
unterricht« *) bereits Stellung zur Wertung 
beider Unterrichtsformen genommen hat, 
SO kann es nicht Aufgabe dieses Artikels 
Sein, abermals den Wert des Klassen- und 
NHausSunterrichts abzuwägen. 
Die vorliegende Arbeit hat Sich eine 
mehr praktische Aufgabe gestellt. Sie geht 
von der unleugbaren Tatsache aus, dafs 
beide Unterrichtsformen wirklich Sind. Die 
mannigfachsSten Gründe machen es begreif- 
lich, dais neben dem Klassenunterricht 
allerorts und zu allen Zeiten auch Stets 
HausSunterricht gegeben wurde und noch 
gegeben wird. Von dieser Tatsache aus- 
gehend Soll nun die Praxis beider Unter- 
richtsformen einer Betrachtung unterzogen 
werden und zwar nur Soweit, als Sie Sich 
ihrer Art nach unterscheiden. Genauer ge- 
faſst lautet die hier zur Besprechung Stehende 
*) Band Il, S. 365 ff.
	        
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