Full text: Klassenorganisation der Volksschule - Munterkeit (5)

wo die stete Aufsicht von oben ein zeit- 
weiliges Ausruhen, ja vielleicht auch Sich- 
gehenlassen gar nicht auikommen läſst, wo 
MiiitariSmus und Schulerziehung 
[] 
| 
das DurchschnittswisSen der Schüler zwar 
gestiegen, aber ihre Selbsttätigkeit zurück- 
gegangen 1ist infolge des Drills, der vielfach 
vom BEPxerzierplatz, wo er durchaus am 
Platze ist, in unsere Schulen gewandert ist, 
wo er nur Schaden Stiften kann. 
Und auch rein äuſfserlich genommen 
dürfte der üble Einfluſs des MilitarisSmus 
auf die Schulerziehung zutage treten, näm- 
jich in den Schulkasernen. 
Sind ein Zeichen der Zeit. Die alten 
Gymnasien mit ihren neunzig bis hundert 
Schülern dürfien heutzutage Sehr Selten ge- 
worden Sein. Und doch, wie günstig waren 
Sie der Erziehung, dem liebevollen Eingehen 
auf das Wachsen und EFErstarken der einzelnen 
Schüler. Und jetzt? Zu welchen Kolossen 
Sind viele Gymnasien, Realschulen und 
Volksschulen, namentlich in den gröſseren 
Städten, angewachsen! Wo bleibt da die 
erzieheriSche Einwirkung auf die Entwicke- 
ung des einzelnen ? 
Auch diese 
' künstlerischer Zug in die modernen Schul- 
' bauten hineingetragen worden, der bereits 
- Schöne Blüten gezeitigt hat. 
(S. d. Art. 
Schulbau). 
4. Schlußbetrachtung. In weiten Kreisen 
iSt das Gefühl herrschend, als ob Sich unser 
nationales Leben zwar äuiserlich betrachtet 
vervollkommnet habe, innerhalb aber einer 
gewissen Verflachung verfallen Sei. Nach 
der Erreichung heiſs ersehnter Ziele ist 
dies vielleicht eine notwendige Durchgangs- 
Stufe, bis SIch der Blick der Nation auf 
neue Ideale richtet. Aber Selbst wenn eine 
; Solche Periode des Stillstandes im Leben 
des Volkes notwendig wäre, 80 dürite doch 
in keinem Falle eine SO wichtige Einrich- 
; tung, wie es unser Schulwesen ist, Solcher 
- Verflachung 
Dienste dleisten. Vielmehr 
' müſste es Sich dagegen Stemmen mit allen 
| Mitteln und aus allen 
Kräften. In dem 
: generaliSsierenden Einfluſs des Militärwesens 
| liegt eine grofse Gefahr für die Erziehung, 
die im Individualisieren ihre Stärke Suchen 
' muſs, wenn Sie dem wahren Wohle des 
Muls nicht die Masse - 
erdrückend wirken auf den Lehrer, der mit - 
der besten AbSsicht Sein Erziehergeschäit . 
veginnt? Und der Direktor ? 
im Schreibwerk erstickend und im Verwal- 
iungsSapparat untergehend auf alles Gas ver- 
zichten, was So recht Seines Amtes wäre? 
Einstimmig dürfte allen Einsichtigen fest- 
Stehen, daſs, je kleiner der Umfang der 
Muls er nicht - 
Volkes dienen will, wenn das geistige Nivo 
nicht herabgedrückt werden Soll. Dies muſs 
notwendig da geschehen, wo der Schüler 
nur als eine Nummer unter den anderen 
angesehen wird, die auf Grund StatistiScher 
Tabellen, herrührend aus den berüchtigten 
Exitemporalien (S. d. A.), durch die Klassen 
: und durch die Prüfungen hindurchgeschoben 
Schule ist, je mehr Sie den Familiencharakter . 
iestzuhalten vermag, um So güngstiger die 
Bedingungen für die erzieherisSche Ein- 
wirkung auf das heranwachsende Geschlecht 
SInd. Warum zerlegt man nicht die Schul- 
kasernen, die der Erziehung SO Schwere 
Hindernisse bereiten ? Die Frage ist leicht 
geStellt und leicht -- beantwortet. Weil 
hier finanzielle Gründe Schwer ins Gewicht 
allen, SO Schwer, daſs man voraussichtlich 
noch lange Zeit bei dem Kasernensystem 
bleiben wird, obwohl es in der Organi- 
Sation des Schulwesens das Schlechteste ist, 
das es gibt. 
In einem Punkt ist allerdings eine Wen- 
dung zum Besgeren eingetreten: Die Schul- 
kaserne wird nicht mehr in Schablonen- 
hafter Weise gebaut und eingerichtet in der 
bekannten Backsteinmanier, in der nicht 
wenige Kasernen errichtet Sind, Sondern 
durch den Vorgang Münchens ist ein 
volle 
wird, bis Sie Sich glückiich die nötigen Be- 
rechtigungen ersessen hat. 
Möchten Sich doch genug unabhängige 
Leute finden, die mit glühender Vater- 
landsliebe tiefe EinSicht verbinden in die 
Schäden, die unserem Schulwesen anhaften, 
und in die rechten Mittel, Sie gründlich zu 
beseitigen. Allerdings muſs die Sache 
prinzipiell und mit weitem Blick gefaſst 
werden, nicht beeiniluſst durch kleinliche 
Rücksichten auf eine Macht, die an Sich 
Wertschätzung beanspruchen darf, 
aber bei unberechtigten Einflüssen in ihrem 
- eigenen Interesse energisch zurückgewiesen 
werden muſs. 
Auch hier gilt das Wort: 
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und 
: Gotte, was Gottes ist. 
Literatur: Vergl. E. Preuſs, Die höheren 
Aufgaben des jungen Offiziers für Armee und 
Volk. München 1906. 
Jena. W. Rein.
	        
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