Full text: Klassenorganisation der Volksschule - Munterkeit (5)

Entstehungsweise: a) durch ASSsociation: es 
igt ein Gleichgefühl, durch die Wahrnehmung 
eines Gesichtsausdrucks asSodiativ entstanden 
(Spencer, Bain, BösSch). 8) Durch Nachahmung 
(Ansteckung) entweder des Gesichts Selbst 
(Bain, Ribot, Suily, Baldwin, Spinoza) oder 
desSen Ausdrucks (K. Lange. Sutherland), 
b) durch die das Mitgefühl begleitenden psychi- 
Schen ProzessSe, &) Sich hineinversetzen in die 
Lage eines andern, welcher Ausdruck von vielen 
Psychologen gebraucht wird. L. Stephen u. 
Schubert- Soldern halten das Gefühl anderer 
kennen und das Gefühl anderer fühlen für 
identisch; 4) einfühlen: es iSt ein Gleichgefühl, 
nach Ribot mit zärtlicher Gemütsbewegung. 
c) Meinong und Ehrenfels verlangen für die 
Begriffsbestimmung einen Inhalt, worüber man 
Mitield oder Mitfreude hat. Ed. v. Hartmann, 
Jodl, Ziegler deuten die Lust beim Mitleid als 
Freude, Selbst verschont zu Sein. Nach Lipps 
iSt das Lustgefühi im Mitleid ein Wertgefühl, 
nach Groethuysen ist es eine Form der Nächsten- 
liebe, womit auch Volkelt übereinstimmt. »Die 
pSychologische Voraussetzung des Mitgefühis 
iet ein Urteil oder eine Annahme. deren Inhalt 
der Sachverhalt bildet, daſs ein anderer ein 
Lust- bezw. ein Unlustgefühl fühlt.« Vom 
Standpunkte der teleologischen Betrachtungs- 
weise iSt durchaus nichts Rätselhaftes im Mit- 
geiühl.« Dagegen nennt Kant das Mitleid 
jederzeit Schwach und blind«; Spinoza ist die 
commisSeratio per Se mala et inutilis (das Mit- 
ieid iSt an Sich Schlecht und unnütz). 
10. Über die Erziehung zum Mit- 
gefühl und zum Wohlwollen gibt die Ab- 
handlung Äckermanns(Pädagogische Fragen, 
1834, I1., 5S. 65) die trefflichste und aus- 
führlichete AnweisSung. Hier wird Aaus- 
einander gesetzt, was Eltern und Lehrer tun 
können und Solien, um der EntsStiehung des 
Egoismus im Kinde vorzubeugen, um durch 
Pfianzen und Tierpfiege, durch wirklichen 
und idealen Umgang, durch wirkliches 
und phantasiertes Handeln, durch Inhalt 
und Form des Unterrichts, durch Regierung 
und Zucat Mitleid und Mitireude zu 
wecken und zum Wohlwollen zu läutern. 
-Sehr leicht verdirbt die natürliche Rein- 
heit des Mitgefühls; Sobald nämlich die 
Erianrung gemacht wird, dals fremde Lust 
mit eigner Unlust, tremde Uniust mit eigner 
Lust gleichzeitig besteht. Gefährten im Glück 
und Unglück fülien Sich dagegen immer 
mehr mit gegensgeitiger Teilnahme. Die 
7anze Kunst, Mitgejfüh! zu pflanzen, beruht 
daher darauf, Freude ung Leid allgemein 
zu machen, nur gesellschattliche, nicht ein- 
zeine Genüsse zu erstreben. Danu aber 
muis es freilich weiterhin auf jeder Stufe 
ags Fortschrittes gurch eigne MalsSregeln 
Mitgefühl, Mitfreude, Mitleid -- Mittelalterliches Bildungswesen 
 
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aufrecht gehalten und neu gestärkt werden. 
Gleich anfangs darf die Wahrnehmung: 
dais es ein anderer Sei, mit dem man emp- 
fand, dem Mitgefühl nicht Schaden. Es 
muſs vielmehr dadurch ins Wohlwollen 
übergehn; und das kann mit Sicherheit nur 
dadurch geschehn, daſs dieser andre als 
äuſserer Gegenstand interesSiere. Also das 
Kind muſs von geliebten Personen um- 
geben Sein. Dann weiter muſs ein ail- 
gemeines ästhetisches Urteil das Wohlwollen 
zur Maxime machen, und diese Maxime 
muſs eingeprägt werden. Endlich muſs 
Sie auch SyStematisch gerechtfertigt , fixiert 
werden.“ (Herbart, Hartenst. XI. 484). 
Wansleben. O. Flügel. 
Mittelaiterliches Bildungswesen 
1. Der Gesichtspunkt zur Beurteilung des 
mittelalterlichen Bildungswesens. 2. Fort- 
wirken des Bildungswesens des Mittel- 
aiters. 3. SuccesSives Wiedergewinnen des 
VerständnisSses für das Mittelalter. 4. Die 
ritterliche Bildung. 5. Die bürgerliche Vor- 
bildung. 6. Die zünttige Schulmeisterei. 
7. Die Universitäten. S. Pädagogische Lite- 
ratur. 9. Die didaktischen Anschauungen 
der Scholastiker. 
1. Der Gesichtspunkt zur Beurteilung 
des mittelalterlichen Bildungswesens. Um 
in das BildungsweSsen einer Nation oder 
einer Zeit einzuGringen, greitt man gemein- 
hin zunächst nach der DädagogiSCch - didaK- 
tiSchen Literatur, die ihr erwachsen iSt, und 
Sucht Sich aus dem, was über Cie Sache 
gesSchrieben worden, ein Bild von dem zu 
machen, was die MensSchen darin geleistet 
haben. Aber dabei iSt man doch manchen 
Fehlgriffen ausgeSetzt: hinter einer Menge 
von Lehrschriften kann Sich eine zerfahrene 
Lehrpraxis verbergen und umgekehrt kann 
bei geringer literariScher Vertretung die 
Bildungsarbeit eine rege und reiche Sein. 
Beim Mittelalter findet das letztere Stait; 
man hat Seine Leistungen auf dem Unter- 
richtsgebiete unbillig beurteilt, weil man 
bei ibm eine unentwickelte didaktische Lite- 
raiur vorfand: wenige Stereotvpe Lehr- 
Schriften, von harter, ungelenker Form, 
geringe Reflexionen über Lehren und Lernen, 
erst Spät und in bescheidener Zahl päda- 
gOgISCh - didaktische Schriiten; und doch 
30“
	        
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